GOLEHM-Initiative – Initiative für Lehmbau und nachhaltige Kreislaufwirtschaft – Halle (Saale)
Das WIR!-Bündnis
Das GOLEHM-Bündnis vereint aktive Partner aus Wissenschaft, Bauwirtschaft, kommunalen Trägern und Gesellschaft, die sich für klimafreundliches, nachhaltiges Bauen mit Lehm engagieren.
Über ein Drittel des weltweiten CO2-Ausstoßes geht auf den Gebäude- und Bausektor zurück. Der enorm hohe Ressourcenverbrauch der Baubranche ist bei gleichzeitig sehr geringen Recyclingraten derzeit einer der größten Klimatreiber. Zu dem hohen Energieverbrauch, der für Abbau, Herstellung, Transport und schließlich den Abriss benötigt wird, gesellt sich aktuell das Problem der Verknappung von global gehandelten Rohstoffen wie Sand, Gips oder Holz. Lehm stellt als klimafreundlicher Baustoff, der mit sehr geringem Energieeinsatz fast überall gewonnen, verbaut und wiederverwendet werden kann, eine Lösung für viele Herausforderungen der Bauindustrie dar. Mitteldeutschland kann hier die Vorreiterrolle einnehmen: Die reichen Lehmvorkommen und der in Mitteleuropa größte Bestand an Massivlehmbauten bilden die idealen Voraussetzungen.
Hunderttausende Gebäude mit tragenden Wänden aus massivem Lehm prägen den ländlichen Raum Mitteldeutschlands und seine traditionelle Baukultur seit Jahrhunderten. Die Häuser zeichnen sich durch eine optimale Ökobilanz aus. Der Baustoff Lehm ist regional in großen Mengen und oberflächennah verfügbar, muss nicht teuer aufbereitet werden und kann ohne Qualitätsverlust wiederverwendet werden. Lehm ist zudem brandresistent sowie temperatur- und feuchteregulierend, weshalb Lehmbauten ein ausgesprochen gutes und gesundes Raumklima aufweisen. Aus dieser Tradition generieren wir Innovation. Denn sowohl im Erhalt der Bestandsbauten, als auch in der Entwicklung innovativer Anwendungen für den Neubau liegt das Potential, die vom Strukturwandel betroffene mitteldeutsche Region in eine nachhaltige Zukunft zu führen.
Die Ziele
GOLEHM hat sich zum Ziel gesetzt, den massiven Lehmbau mit innovativen Konzepten wiederzubeleben. Derzeit sind Neubauten schwer zu realisieren, da entsprechende Normen und baurechtliche Grundlagen sukzessive neu erarbeitet werden müssen. Auch für die materialgerechte Sanierung des historischen Baubestandes gibt es kaum Richtlinien oder Erfahrungswerte. Gemeinsam gilt es, bereits vorhandene Potentiale im Baubestand, technische Ausführung und Nutzung lokaler Ressourcen zu aktivieren und weiterzuentwickeln. Gleichzeitig werden die Entwicklung innovativer Technologien im Neubau sowie die Bemessung/Zertifizierung von massiven Lehmbaustoffen intensiv vorangetrieben. Die erzielten Ergebnisse sollen über diverse Kanäle des Wissenstransfers zügig breite Anwendung finden.
Die derzeit ältesten noch stehenden Bauwerke in Mitteldeutschland datieren in das 15. Jahrhundert, also noch in das späte Mittelalter, und zeigen, dass tragende Wände aus Lehm sehr dauerhaft sein können. Durch die Jahrhunderte wurde der massive Lehmbau besonders in Zeiten von Energieknappheit, so geschehen nach dem Ersten und auch dem Zweiten Weltkrieg, politisch immer wieder propagiert. Heute, im Zeitalter des Klimawandels, ist es auch angesichts der Energie- und Rohstoffknappheit an der Zeit, massive Lehmgebäude in Hinblick auf ressourcenschonendes, klimaneutrales Bauen erneut in den Fokus zu rücken.
Das Bündnis bietet die Plattform, um private Initiativen, regionale Handwerker, Kommunen, aber auch überregionale Akteure aus der Bauwirtschaft, Politik und Forschung zu vernetzen. Über die Erarbeitung von Sanierungsrichtlinien für den Baubestand, die Erschließung von neuen (alten) Rohstoffvorkommen sowie dem Aufbau von entsprechenden Schulungs-, Bildungs- und Informationsangeboten kann es gelingen, dieses Innovationsökosystem in Mitteldeutschland zu etablieren und damit die Region nicht nur wirtschaftlich zu stärken.
Die Region
Das mitteldeutsche Trockengebiet mit einer Jahresniederschlagsmenge von unter 500 ml/m² und seinen Lössböden bietet die idealen Voraussetzungen für den massiven Lehmbau: Der Rohstoff liegt sozusagen vor der Tür, die daraus geformten Wände können dank des ariden Klimas problemlos über Jahrhunderte bestehen. Die spezielle Lage im Windschatten des Harzes, kombiniert mit den ertragreichen Schwarzerdeböden, haben bereits im 6. Jahrtausend vor Christus die ersten steinzeitlichen Ackerbauern dazu animiert, sich hier niederzulassen und die ältesten dauerhaften Gebäude zu errichten. Heute zählt das südliche Sachsen-Anhalt, das den Kern dieser Region bildet, zu den strukturschwächsten Gegenden Deutschlands. Der Standortfaktor „Lehmbau“ als Teil der regionalen Identität, liefert hier im Dialog zwischen Wirtschaftsförderung, Wissenschaft und den Menschen vor Ort einen wesentlichen Innovationsimpuls.
Die Partner
Initiiert wurde das Bündnis im Jahr 2020 durch das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, in Kooperation mit ZRS Architekten Ingenieure, Berlin und der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.
Mittlerweile ist das Netzwerk auf eine Vielzahl von regionalen und überregionalen Akteuren aus diversen Kompetenzbereichen angewachsen, die den Lehmbau weiterentwickeln und als klimafreundlichen Baustoff zur breiten Marktanwendung bringen möchten. Im Rahmen mehrerer inzwischen initiierter Projekte werden wichtige Grundlagen erforscht, um den Baustoff Lehm aus der Nische zu holen. Dazu zählen beispielsweise die Entwicklung robotischer Verfahren zur Herstellung von Stampflehmwänden und serieller Fertigbausysteme, Datenerhebungen im Hinblick auf die Bewohnerperspektive oder eventuelle Schadstoffbelastungen.
Kontakt
Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt
- Landesmuseum für Vorgeschichte -
c/o GOLEHM
Richard-Wagner-Straße 9
06114 Halle (Saale)
E-Mail: golehm@archlsa.de
Homepage: www.golehm.de