Algen sind stark im Kommen
Keine Vision von Futuristen, sondern ein geniales Lebensmittel: die Alge. Auf dem Innovationsforum AlgaeFood wurde deutlich, warum das Seegras Superfood ist.
Erfrischende Fruchtgetränke mit Algenzusatz, grünes Algen-Eis, gelber fluffiger Kuchen aus Algenpulver, Algen als Salat, Gemüse oder zu Nudeln verarbeitet – das Innovationsforum AlgaeFood in Magdeburg war ein Erlebnis, speziell auch für die Geschmacksknospen der Teilnehmer. Algen-Farmer, Produktentwickler und -hersteller, Wissenschaftler, Anlagenbauer, Marketingexperten sowie Vertreter aus Branchen, die nach neuen Produktideen suchen, waren nicht von ungefähr nach Sachsen-Anhalt gekommen. Das Land richtet seinen Fokus auch auf die Innovationskraft der Alge.
Im altmärkischen Klötze produziert eine der weltweit größten Mikroalgenfarmen. Seit zehn Jahren gehört sie zur französischen Roquette-Gruppe. In einem 500 Kilometer-langen Glasröhrensystem wächst hier die Chlorella. Und die wird mittlerweile zu weitaus mehr Produkten verarbeitet als zu den klassischen Nahrungsergänzungsmitteln in Pillenform.
Reich an Ideen ist da Kirstin Knufmann aus Klötze. Die Expertin für roh-vegane Ernährung ist Geschäftsführerin der Knufmann GmbH und entwickelt Rezepturen und Rezepte aus Algen. Kirstin Knufmann ist die Initiatorin des zweitägigen Kongresses. „Ich bin von der Alge als Lebensmittel der Zukunft fest überzeugt. Darum muss sie von der Öffentlichkeit noch mehr Aufmerksamkeit bekommen“, begründet die Unternehmerin ihr Vorhaben, Gleichgesinnte in einem Netzwerk zu verknüpfen. Das Bundesforschungsministerium ließ sich von der Anschubkraft des AlgaeFood-Kongresses überzeugen und fördert ihn als eines der „Innovationsforen Mittelstand“.
Ein nachhaltiges Lebensmittel ...
Jörg Ullmann, Biologe und Geschäftsführer der Roquette Klötze GmbH, betont das Alleinstellungsmerkmal für seine Mikroalgenfarm: die Kombination von langjähriger Erfahrung mit neuesten Erkenntnissen aus der Algenforschung im eigenen Unternehmen, die auch an Sachsen-Anhalts Hochschulen intensiv betrieben wird.
Der Wissenschaftler und Unternehmer räumt der Alge als Lebensmittel viel Platz ein auf den Innovationsfeldern der Zukunft: „Im Vergleich zu Landpflanzen ist ihr Proteingehalt um ein Vielfaches höher, sie wächst zehn bis 30 mal schneller, die Anlagen brauchen weniger Fläche und verbrauchen weniger Wasser als die Landwirtschaft“. Diese effektiven Mikroorganismen würden viele Fragen beantworten hinsichtlich Ressourcenknappheit und auch, was eine gesunde, umweltbewusste und nachhaltige Lebensweise angeht. Die Alge passe perfekt auf den großen veganen Zukunftsmarkt und habe enorme Chancen, sich aus ihrem Nischenplatz heraus Spitzenpositionen zu erobern.
... das schmeckt
Einige Kongressteilnehmer brachten ihre Erfolgsgeschichten mit: Algen sind in der Gourmet-Küche zu finden und in Kosmetika; und sie sind neuester Trend als natürlicher Lebensmittelfarbstoff. Vor allem aber ist ihre gesundheitsfördernde Wirkung in vielen Studien nachgewiesen. Dennoch: Ausdauer beim Klinkenputzen, viel Überzeugungskraft und Begeisterungsfähigkeit müsse aufbringen, wer den Endkunden erreichen will, da ähneln sich die Erfahrungen vieler Kongressteilnehmer. Deren einhellige Schlussfolgerung: Es muss uns gelingen, dass die Alge mit positiven Emotionen besetzt ist. Wir müssen Produkte entwickeln, die der Kunde mag, die der Konsument unbedingt haben will. Und: Wir brauchen smarte Produktionsanlagen und moderne Vertriebswege. Im Endeffekt sollen die Erzeugnisse aus Algen schließlich bezahlbar sein.
Kirstin Knufmann sieht sich bestätigt in ihrem Vorhaben, das Fachwissen und die Kompetenzen aus unterschiedlichen Bereichen zu bündeln, um diese Ziele in Gemeinschaft zu erreichen.