Damit Handys nicht in Flammen aufgehen

Mikrosysteme vereinen unterschiedliche Funktionselemente auf kleinstem Raum. Ein Magdeburger Forschungsprojekt arbeitet an neuen Technologien, um sensible Geräte wie Smartphones oder Katheter zu überwachen.

Innovative Medizintechnik ermöglicht minimalinvasive und schonende Eingriffe in den menschlichen Körper. Handys bieten immer mehr Funktionen von hoher Qualität. Autos können immer besser kommunizieren – Mikrosysteme machen es möglich. Sie erobern sich nahezu jeden Bereich unseres Lebens. Sie sind winzig, multifunktional und können auf kleinstem Raum untergebracht, beziehungsweise in Oberflächen integriert werden. Allerdings: Nichts geht ohne Strom. Der wird mit Hilfe von Steckverbindungen in die Leitungen zwischen den interagierenden Geräten übertragen. „Aber mit steigender Anzahl der Steckverbindungen auf immer kleiner werdendem Raum steigt die Gefahr des Geräteversagens“, betont Professor Sören Hirsch, Experte für Elektrotechnik. „Geräteversagen“ hört sich glimpflich an. In Flammen aufgehende Handys hat es schon gegeben. Niemand möchte sich einen schmorenden Katheter während der Gallenblasen-OP vorstellen oder eine brennende Autokonsole. „Aufbau- und Verbindungstechnik“ heißt Sören Hirschs Stiftungsprofessur an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg. Sie wird vom Bundesforschungsministerium und von regionalen Unternehmen gefördert. Die Basis dafür bereitet die InnoProfile-Transfer-Initiative „Mikrosystemische Veredlung dreidimensionaler Trägersysteme“, kurz MEMS on MID.

Integrierte Steuerungstechnik

MEMS sind Mikro-Elektrisch-Mechanische-Systeme: miniaturisierte Baugruppen, die funktionale Elemente wie Sensoren oder Antriebselemente enthalten. MID steht für die Technologie, die die Steuerungs- und Regelungstechnik direkt in spritzgegossene dreidimensionale Gehäuse integriert – wie etwa auf das Lenkrad eines Autos. Auf den 13. Magdeburger Maschinenbau-Tagen stellten der Stiftungsprofessor und sein Team die aktuellen Forschungsergebnisse vor.

Nahauafnahme MOM-Messstand
Ein MOM-Messstand zur Analyse von Flüssigkeiten auf kleinstem Raum. © MEMS on MID

„Kriterium für die Sicherheit für Steckverbindungen ist, dass unter Betrieb der Widerstand zwischen den Kontakten konstant aufrecht erhalten bleibt“, sagt Sören Hirsch. Unebenheiten auf einer Kontaktfläche, Beschichtungsmaterialien oder mechanische Belastungen setzen dem Stromfluss Widerstände entgegen. Ändern sich diese Widerstände bei der Übertragung von Energie ständig, kommt es zu unerwünschten Effekten wie Abnutzung oder Korrosion. Somit ist eines der Forschungsziele die Entwicklung und Herstellung von Mikromesszellen. Weil die zu messenden Stellen in den winzigen Bauteilen kaum zugänglich sind, sollen diese Mikromesszellen Temperaturveränderungen messen und darüber Rückschluss auf den Zustand der Verbindung führen.

MEMS on MID entwickelte zu diesem Zweck einen Stecker mit Sensoren aus dem Grundmaterial Silizium, da sich das Material bei Einwirkung von Kraft dehnen und stauchen kann.

Technologie für Inline-Messungen

Die neuen Technologien in der Aufbau- und Verbindungstechnik eröffnen ein breites Spektrum an Einsatz- und Entwicklungsmöglichkeiten. Die interdisziplinäre Forschungsgruppe MEMS on MID reagiert in diesem Zusammenhang auf die steigende Nachfrage der Industrie nach zuverlässigen und kostengünstigen Inline-Messsystemen. Auch hierfür könne die MID-Technik genutzt werden, sagt Stiftungsprofessor Hirsch. Seine Nachwuchswissenschaftler entwickeln die Konstruktion für einen Mikrofluidic-Sensor. Er misst das Verhalten durchfließender Partikel von Flüssigkeiten und Gasen auf kleinstem Raum. Denn Prozesse im Mikrobereich würden vom klassischen Strömungsverhalten abweichen, weiß der Wissenschaftler.