Der Energie-Ernter

Das Berliner Forschungsbündnis „PETra“ entwickelt sogenannte Energy-Harvester. Mit Hilfe der „Energie-Ernter“ können sensorische Systeme energieautark arbeiten – ein großer Fortschritt, nicht nur für die Industrie 4.0.

Inhalt der vierten industriellen Revolution „Industrie 4.0“ ist die direkte Kommunikation von Maschine zu Maschine. Auch das „Internet der Dinge“ ist mittlerweile ein stehender Begriff. Er bezeichnet die Vernetzung von Gegenständen mit dem Internet, damit diese selbstständig über das Netz kommunizieren. Keine Frage: Derartige Kommunikation muss ohne Drähte funktionieren. Was auch bedeutet: Die moderne Maschine-zu-Maschine-Verständigung braucht neue Wege der Energieversorgung.

Stephan Benecke vom IZM (links) und Paul Bittner von AEMtec gehören zum Entwicklungsteam des Energiewandlers. (Foto: PRpetuum GmbH)
Stephan Benecke vom IZM (links) und Paul Bittner von AEMtec gehören zum Entwicklungsteam des Energiewandlers. © PRpetuum GmbH

„Batteriebetriebene Systeme machen immer eine Wartung, einen manuellen Batteriewechsel erforderlich. Das ist unökonomisch und zudem an vielen Orten, wo künftig Funksensoren platziert werden, ohne großen Aufwand nicht mehr möglich“, sagt Olaf Wittler vom Berliner Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration IZM. Er leitet die vom Bundesforschungsministerium geförderte „InnoProfile Transfer“-Initiative PETra – Piezoelektrische Energieversorgung für Transportanwendungen. Wenn Festkörper elastisch verformt werden, entsteht an ihnen elektrische Spannung. Diesen Effekt wollen Olaf Wittler und seine Kollegen für die energieautarke vernetzte Sensorik der Zukunft nutzen.

Aus Vibration wird Energie

Seit zwei Jahren laufen im IZM-Labor entsprechende Experimente. Jetzt, zu Beginn des dritten und letzten Jahres des Projektes, haben die Wissenschaftler den Meilenstein zu den Demonstratoren von Energiewandler und Sensor genommen. „Wir können ein System demonstrieren, das unserem Forschungsziel schon sehr nahe kommt“, lud Olaf Wittler seine Projektpartner kürzlich zu einem Laborbesuch ein, um den sogenannten Energy-Harvester bei seiner Energie-Ernte zu beobachten.


 

Was bei Transportanwendungen zu Lande, zu Wasser und in der Luft ein natürlicher Effekt ist, erzeugen die Forscher im Labor künstlich: Vibration. „Wenn beispielsweise ein Güterzug auf Schienen unterwegs ist, wirken Schwingungen – je nach Eigengewicht und Fahrtgeschwindigkeit unterschiedlich – auf den Zug und erzeugen elektrische Spannung“, erklärt Stephan Benecke vom IZM. Sein Team entwickelt den Energiewandler, der diese Spannung umwandelt und den Sensor damit versorgt, sowie auch einen Energiespeicher. Dieser gewährleistet eine Spannungsversorgung auch in Vibrationspausen.

Zehn Jahre energieautark

Doch wozu brauchen Güterzüge Sensoren? Die Yacoub Automation GmbH, ein Bündnispartner aus der industriellen Praxis, erstellt die Anforderungsprofile an solche Sensorsysteme beispielsweise in Kränen, Maschinenanlagen oder eben in Zügen. „Güterzüge stehen häufig auf offener Strecke und werden sogar ausgeraubt“, sagt Francisco Vergara. „Sensoren könnten an den Computer des Betreibers Informationen über ihren jeweiligen Standort und den Zustand der Ladung senden.“

Energieautarke Sensoren in Güterzügen können Auskunft über Standort und Zustand der Ladung geben. (Foto: Oleksiy Mark – fotolia)  
Energieautarke Sensoren in Güterzügen können Auskunft über Standort und Zustand der Ladung geben.   © Oleksiy Mark – fotolia

Damit das System in sich zuverlässig funktioniert, beschäftigen sich weitere Teams mit der Entwicklung des Sensors. Entscheidend für dessen Funktion sind ein robustes Gehäuse und eine vibrationsgerecht designte Leiterplatte. Ole Hölck vom IZM berichtet von Versuchen, um die Materialeigenschaften und die Zuverlässigkeit von Klebeverbindungen zu testen. Hölck liefert die Ergebnisse von künstlich herbeigeführten Alterungs- und Schädigungsszenarien. Schließlich müsse man vor der Markteinführung wissen, wie sich der Harvester unter wechselnden mechanischen, chemischen und thermischen Einflüssen verhält. Rund zehn Jahre soll die energieautarke Sensorik im Einsatz einmal aushalten können. In der verbleibenden Projektzeit wollen die Berliner Wissenschaftler die Werkzeuge zur Herstellung solcher Energy-Harvester entwickeln.

Nähere Informationen zur InnoProfile-Transfer-Initiative PETra finden Sie hier.