Die phantastische Reise : Datum:

Intelligente Katheter, kurz INKA, ermöglichen immer neue minimalinvasive Operationstechniken. Das Magdeburger Projekt „INKA Embedded“ hat drei Jahre lang die Einbettung von Elektronik und Wirkstoffen erforscht und stellte kürzlich seine Ergebnisse vor.

„Die phantastische Reise“ heißt ein amerikanischer Science-Fiction-Film von 1966. Darin werden Wissenschaftler und ihr U-Boot auf Mikrogröße geschrumpft und gehen auf Reise durch das Innere des menschlichen Körpers. Jetzt, über 50 Jahre später, scheint die Fiktion zumindest teilweise verwirklicht. Ein Magdeburger Forschungsbündnis aus Wissenschaft und regionaler Wirtschaft entwickelt solche U-Boote: „Intelligente Katheter“, kurz INKAs, tragen dazu bei, dass sich immer neue minimalinvasive Operationstechniken – schonend für die Gesundheit des Patienten – in den OP-Räumen etablieren. Eine echte Innovation sind Katheter mit eingebetteten Mikrosystemen: etwa Ultraschall- und Laserelemente, LED-Beleuchtung, Röntgenquellen und Kameras für 3D-Aufnahmen. Diese Katheter können auch verschiedene medizinische Werkzeuge und Instrumente, sogar Medikamente transportieren. „INKA-Embedded – Modularisierte Fertigung multifunktionaler Therapiewerkzeuge“ heißt das vom Bundesforschungsministerium geförderte InnoProfile-Transfer-Verbundprojekt.

Der Katheter kommt aus dem Extruder.
Der Katheter kommt aus dem Extruder und wird in die Abkühlung geleitet. © Primed Halberstadt Medizintechnik GmbH

U-Boot als Medizinprodukt

Drei Jahre forschte „INKA-Embedded“ am Lehrstuhl Mikrosystemtechnik der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg an den miniaturisierten Kathetern, Nadeln und Elektroden, gemeinsam mit seinen Partnern aus den Gebieten bildgebender Verfahren, der Materialentwicklung und Oberflächenbearbeitung sowie der Medizin-, Elektro- und Informationstechnik. Kürzlich präsentierte das Bündnis seine Ergebnisse auf den 13. Magdeburger Maschinenbau-Tagen.

Der Begriff „Embedded“ bezeichnet die gezielte Einbettung funktionaler Strukturen in die minimalinvasiven Katheter. Dabei brachten die Bündnispartner ihre vielfältigen Kompetenzen ein. Die besondere Herausforderung: Angefangen bei den Extrusionsverfahren und -materialien zur Herstellung flexibler Katheter über die Oberflächenbearbeitung und -beschichtung bis hin zur Einbettung von Elektronik, Drähten, Antennen und Sendern muss berücksichtigt werden, dass die Katheter durch den Körper gleiten – um beim Bild des U-Bootes zu bleiben. Sie müssen als Medizinprodukt zugelassen werden. Daraus ergab sich eine weitere Aufgabe für das Forschungsbündnis: die Entwicklung einer zerstörungsfreien Inline-Prozesskontrolle, die die Katheterproduktion zu 100 Prozent überwacht und Fehler im Mikrometerbereich misst.

Schaubild des Katheters
In diesen Katheter eingearbeitet sind Antenne, Sensoren und Halbleiterchip. Auf der Spitze sitzt eine Kamera. © OVGU

Vlies aus Nanofäden

„Gleiten“ ist ein gutes Stichwort für die Biofunktionale Oberfläche der Katheter. Tracheal-Dilatatoren beispielsweise, die zum Dehnen der Öffnung, an der operiert wird, eingesetzt werden, sollten beim Einführen den Rachen nicht verletzen. Wissenschaftler am IWMS Halle testeten das Mittel Chitosan, gewonnen aus den Schalen von Krustentieren, das nicht nur die Gleiteigenschaften der Katheteroberfläche verbessert. Es wirkt auch antibakteriell und ist biokompatibel. Diese Eigenschaften weisen auch die vom Bündnis neu entwickelten Kathetermaterialien auf. Im Elektrospinnverfahren werden aus geeigneten Ausgangsmaterialien Nanofäden gesponnen und zu nanoporösen Vliesmaterialien weiterverarbeitet. Möglich ist sogar die Beimischung von Wirkstoffen. Der Demonstrator von „INKA-Embedded“ sieht tatsächlich aus wie ein modernes U-Boot – allerdings mit 2,9 Millimetern Außendurchmesser. Dass ein Mensch hier einsteigt, bleibt wohl vorerst Fiktion.