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Ein Leben voller Möglichkeiten

Die Biochemikerin Mihaela Delcea leitet seit drei Jahren die Nachwuchsgruppe „Nanostruktur" im Zentrum für Innovationskompetenz ZIK HIKE (Humorale Immunreaktionen bei kardiovaskulären Erkrankungen). Die vergangenen zehn Jahre hat sie beruflich Station in Spanien, Österreich, der Schweiz und Deutschland gemacht. Die Forschungszeit am ZIK HIKE in der Universitätsmedizin Greifswald bezeichnet die heute 35-Jährige als ihre besten Jahre.  

Die Leitung einer Nachwuchsgruppe im ZIK HIKE führte Dr. Mihaela Delcea 2012 an die Universität Greifswald. (Foto: Oliver Böhm)  
Die Forschungsarbeiten von Mihaela Delcea waren Anlass für das gemeinsame Symposium von HIKE und DZHK.   © Oliver Böhm

Dezember 1989 in Rumänien: Als Zehnjährige sieht Mihaela Delcea zusammen mit ihrer Familie die Hinrichtung des Diktators Ceaușescu und seiner Frau, die live im Fernsehen übertragen wird. Daran hat sie intensive Erinnerungen voller starker Emotionen. Nach der rumänischen Revolution lebt sie mit ihrer Familie – so wie das ganze Land – die neue Freiheit: „Er ist weg, wir sind frei und wir haben neue Möglichkeiten und Chancen“, beschreibt sie das Gefühl der 90er Jahre. Diese Möglichkeiten werden das junge Mädchen prägen.


 

Dezember 2014 in Deutschland: „Ich bleibe immer an dem Ort, an dem ich glücklich bin, und zurzeit bin ich das hier in Greifswald. Doch ich versuche immer auch herauszufinden, wo es eine Verbesserung gibt.“ Von diesem Gedanken lässt sich die Rumänin Delcea seit ihrem Studium in Bukarest leiten.

Karriere und Freunde fürs Leben in Deutschland

Sobald sie den Master in Mikrobiologie und Biotechnologie an der Universität Bukarest in der Tasche hatte, zog es sie zu neuen Ufern. „Ich wollte unbedingt dorthin, wo ich auf meinem Gebiet forschen kann“, erzählt Delcea. Da bot sich in Spanien eine Gelegenheit, an der Universität Rovira i Virgili in Tarragona. Zwei Jahre später wechselte ihr Doktorvater nach San Sebastian und sie ging für weitere zwei Jahre mit. Ihre Zeit in Spanien beendete sie schließlich erfolgreich mit ihrer Doktorarbeit.

 „Spanien war sehr schön, aber für meine Forschung war es dann nicht mehr das Beste“, erinnert sich Delcea. Die Promotion in der Tasche führte es sie nach Deutschland. Schon in ihrer Masterzeit war sie im Rahmen des Erasmusprojektes ein halbes Jahr in Bonn gewesen – auch um neben Englisch und Spanisch eine neue Sprache kennenzulernen. Dieses Mal sollte es für länger sein: Fast zwei Jahre forschte sie am Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung in Potsdam. Dort lernte sie auch die Menschen in Deutschland zu schätzen: „In Deutschland habe ich Freunde fürs Leben gefunden.“

„Mit dem ZIK haben wir die Möglichkeit, alles zu machen.“

Nach einem Zwischenstopp in Basel kommt Delcea im Januar 2012 an die Universität Greifswald. Am ZIK HIKE hat sie die Möglichkeit, eine Nachwuchsgruppe mit neun Mitarbeitern in exzellent ausgestatteten Laboren zu leiten. „Wir haben mit dem ZIK die Möglichkeiten und das Geld,

alles

zu machen. So war es auch möglich, Kooperationen mit dem spanischen CIC, einem thematisch interessanten Forschungszentrum, aufzubauen", erzählt Delcea begeistert.


 

Im ZIK HIKE wollen die Wissenschaftler herausfinden, wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen auf einer individuellen Basis zu behandeln sind und wie Nebenwirkungen von Biotherapeutika wie Heparin vermieden werden können. Mit hochsensitiven nanotechnologischen Methoden untersucht Mihaela Delcea in ihrer Nachwuchsgruppe Eiweißstoffe aus dem Blut von Menschen, die von Autoimmunreaktionen des Herzkreislaufsystems betroffen sind. Sie kann dabei Größenunterschiede von bis zu einem Nanometer unterscheiden. „Ich wollte immer mehr in die anwendungsorientierte Forschung, gerne in der Biomedizin. Denn die Ärzte wissen viel über Krankheiten, aber nicht so viel über die Technik“, sagt Delcea. „Nanotechnologie in der Medizin bringt viel für das Verständnis von Krankheiten, sie eröffnet eine neue Perspektive.“

Geboren, um zu leiten

Das interdisziplinäre Arbeiten am ZIK HIKE bedeutet viel Kommunikation mit den anderen Wissenschaftlern. Hier bespricht sich Dr. Mihaela Delcea mit Dr. Ricardo Pires. (Foto: PRpetuum GmbH)  
Das interdisziplinäre Arbeiten am ZIK HIKE bedeutet viel Kommunikation mit den anderen Wissenschaftlern. Hier bespricht sich Dr. Mihaela Delcea mit Dr. Ricardo Pires.   © PRpetuum GmbH

Der jungen Forscherin gefällt es, mit ihrer Nachwuchsgruppe zu arbeiten. Als Leiterin ist es ihr wichtig, für Transparenz der Forschungsarbeiten zu sorgen und die Mitarbeiter zu motivieren. Anfangs fiel es ihr manchmal schwer, ihre Kritik konstruktiv zu äußern. Das Gruppen- und Einzelcoaching sowie die Seminare im Mentoring-Programm der Universität Greifswald für exzellente Postdoktorandinnen, das sie zwei Jahre lang absolviert hat, haben ihr dabei sehr geholfen: „Das Gespräch muss immer einen Wechsel von positiv und negativ haben, dann läuft es besser.“ Als sie dann anfing, Mitarbeitergespräche so zu führen, passierte es plötzlich, dass ein Student anschließend Danke sagte.


 

„'Du bist geboren, um zu leiten, Mihaela!', hat meine Mutter zuhause oft zu mir gesagt.“ Auch heute noch ist die erfolgreiche Wissenschaftlerin ihrer Mutter eng verbunden. In häufigen Telefonaten ins heimatliche Rumänien erzählen sich beide aus ihrem Leben. „Meine Mutter war immer sehr streng. Sie hat nie gesagt ‚Das hast du sehr gut gemacht, Mihaela‘; sie wollte es immer noch besser. Aber ich weiß, dass sie stolz auf mich ist.“

Neue Forschungsmöglichkeiten mit einem ERC Starting Grant

Ihre wissenschaftlichen Erfolge zum Ende der ZIK-Förderzeit können sich sehen lassen. „Ich würde gerne noch länger im ZIK arbeiten, um meine gewonnenen Erfahrungen anzuwenden“, sagt sie mit ein bisschen Wehmut. Schließlich konnte sie hier mit neuen biophysikalischen Methoden erstmalig nachweisen, wann ein körpereigener Eiweißstoff vom Abwehrsystem als fremd erkannt wird. Dank dieser Forschung kann sie ein Stück weiter erklären, warum sich Abwehrreaktionen des Körpers manchmal gegen ihn selber richten und dadurch Autoimmunerkrankungen auslösen.


 

Mit diesen bahnbrechenden Befunden gelang es ihr, sich gegen mehr als 3000 Mitbewerber durchzusetzen und einen ERC Starting Grant des Europäischen Forschungsrats einzuwerben. In den kommenden fünf Jahren stehen der Wissenschaftlerin nun 1,5 Millionen Euro zur Verfügung. „Das ist eine fantastische Chance für mich. Diese Förderung ermöglicht es mir, meine im ZIK HIKE aufgebaute Expertise auszubauen und die etablierten Techniken nun auf verschiedene medizinische Fragestellungen anzuwenden“, freut sich Delcea.

Frei und unabhängig

Mihaela Delcea macht keine Pläne, sondern schafft sich Möglichkeiten. Vielleicht hat sie in zwei Jahren ihre Habilitation. Als sie nach Greifswald kam, dachte sie: Hier kann ich nicht leben, es ist ein Dorf. Jedes Wochenende fuhr sie nach Berlin oder Hamburg. Inzwischen hat sie die Natur entdeckt und auch mehr Kontakte gefunden. Zurzeit bietet ihr Greifswald beruflich hervorragende Möglichkeiten. Doch tun sich anderswo bessere auf, zieht sie davon – frei und unabhängig.


Nähere Informationen zum Greifswalder ZIK HIKE stellen wir Ihnen hier zur Verfügung.