Einfach statt komplex
Die Nachfrage ist da, doch hohe Kosten schrecken ab: Hochwertige Produkte auch für preissensible Märkte anzubieten, ist eine Herausforderung für deutsche Hersteller. Wie das dennoch gelingen kann, zeigt ein Innovationsforum Mittelstand.
Vereinfacht, anwendungsorientiert und von hohem Nutzen sollen die Produkte sein, gleichzeitig jedoch kostengünstig. Damit deutsche Unternehmen auch zukünftig wettbewerbsfähig bleiben, gilt es, Maschinen und Produkte „Made in Germany“ neu zu denken. Das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA gab mit dem Innovationsforum Mittelstand "Frugale Maschinen, Anlagen und Geräte"den Anstoß für neue branchenübergreifende Innovationsnetzwerke. Bei der Abschlussveranstaltung in Stuttgart tauschten sich Forscher, Entwickler, Anlagenbauer und Unternehmer aus verschiedenen Branchen aus – für den ein oder anderen der erste Kontakt mit „frugalen“ Innovationen.
Das Wort an sich bedeutet „einfach, bescheiden“. Was eigentlich gemeint ist, sind funktionale, robuste, benutzerfreundliche, für wachsende Märkte erschwingliche und für lokale Gegebenheiten passende Innovationen. Thomas Kühn vom Werkzeugmaschinenhersteller Trumpf aus Ditzingen gab einen Einblick, wie sich deutsche Maschinenbauer auf ausländischen Märkten, besonders in Entwicklungs- und Schwellenländern, durchsetzen können. Allein die Komplexität der Hightech-Maschinen zu reduzieren reicht dafür nicht aus. Speziell an die örtlichen Gegebenheiten angepasste Anlagen sind der Schlüssel für erfolgreiche Innovationen. Das geht am besten, wenn die Produktentwickler und Ingenieure vor Ort arbeiten und nicht aus der Ferne planen.
„Wald retten mal anders“
´Frugal´ bedeutet aber auch, smarte Lösungen zu finden. Creapaper aus Hennef im Rhein-Sieg-Kreis macht es vor: Das Greentech-Unternehmen entwickelte ein Verfahren zum Herstellen von Papier aus Gras. Die Idee entstand aus der Frage, wie man Papier nachhaltiger und ressourcenschonender produzieren könne, so Michael Kroheck von Creapaper. Die Antwort darauf wuchs quasi vor der Haustür. Für die Papierproduktion liefern Landwirte den Rohstoff in Form von Heuballen an die nicht weit entfernte Fabrik, wo das getrocknete Gras geschnitten, gemahlen und schließlich gepresst wird. Aus diesem rein mechanischen Prozess heraus entstehen kleine grüne Pellets zur Weiterverarbeitung. Das Verfahren ist kostengünstiger als die herkömmliche Zellstoffgewinnung aus Holz, geht jedoch nicht mit Qualitätsverlusten einher – auch das ist frugal. Ein weiterer Pluspunkt: Gras wächst einfach nach, ein gefällter Baum hingegen nicht.
Im Alltag könnten die grünen Produkte einigen bereits begegnet sein. Große Discounter nutzen die Verpackungen aus Gras für ihre Obstwaren. Für Michael Kroheck ist das „Wald retten mal anders“.
Innovation braucht neue Denkweisen
„Frugales Denken ermöglicht neues Design“, berichtete auch Hans-Ludwig Schubert von der Firma Voith, die unter anderem Papiermaschinen herstellt. Dieses neue Denken beginnt in den Köpfen der Ingenieure. Für Truong Le vom Fraunhofer IAO ein guter Grund, seine Maschinenbaustudenten in die Informatik eintauchen zu lassen. „Lernen am Puls der Zeit“ ist ihm für die Studenten wichtig.
Für die angehenden Ingenieure ist das nicht einfach, im Beruf aber umso nützlicher. Ihre Arbeit landet zudem nicht einfach in der Schublade, wie Truong Le erzählt, sondern wird beispielsweise Start-ups zur Verfügung gestellt, die damit weiter forschen.
Wie es gelingen kann
Im anschließenden Cross-Industry-Workshop stellten die Unternehmer in den Gruppen schnell fest: Erste Ansätze in der Entwicklung frugaler Innovationen sind schon vorhanden, lediglich die Begrifflichkeit ist den meisten neu. Die richtigen Werkzeuge im Sinne einer Methodik sollen die Unternehmen von den Forschern an die Hand bekommen. Und sich vor allem mit den Unternehmen austauschen, denen die Umsetzung bereits gelungen ist.