Handwerk macht den Unterschied!
Das Handwerk – die Wirtschaftsmacht von nebenan, so zumindest das Selbstverständnis der deutschen Handwerkerschaft. Die Handwerker der sächsischen Elberegion setzen noch eins drauf: Sie wollen Innovationsmotor für die regionale Wirtschaft werden.
Drei Dinge braucht man, da ist sich Jens-Torsten Jacob sicher: „Ein gutes Näschen für die richtigen Themen zur passenden Zeit, ein Netzwerk, das sich diesen Namen verdient, und etwas Glück, das man sich redlich erarbeiten muss.“ Der Geschäftsführer der Meißener Kreishandwerkerschaft hatte wohl den richtigen Riecher, als er und seine Mannschaft eine leer stehende Halle des ehemaligen Riesaer Berufsschulzentrums entdeckten, in dem er jetzt die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der dritten Innovationskonferenz begrüßen konnte.
Natürlich wäre es viel zu langweilig gewesen, dieses nun wieder mit Leben gefüllte Gebäude mit eben jener Veranstaltung zu eröffnen. Schließlich will das WIR!-Bündnis InnoHandwerk, gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, mit Innovation punkten. Also ging man schon in den Sommerferien ins Risiko und machte den Schülerinnen und Schülern der Elberegion ein Angebot, das man auch hätte abschlagen können: Gegen Teilnahmegebühr, frühes Aufstehen und fünf Arbeitstage gab es die einmalige Chance, bei zwei Handwerker-Camps zu entdecken, was möglich ist, wenn Kreativität, Kompetenz und keine Angst vorm Ausprobieren zusammenkommen. Mit den eigenen Händen gebaute Designerlampen und ein selbst gestaltetes Wandbild waren erste stolze Ergebnisse.
Dem Neuen auf der Spur
Für alle konferenzerfahrenen Männer und Frauen, die nach Riesa kamen, sollte es ein überraschend aktiver Nachmittag werden. Anstelle vieler halbstündiger Referate war Mitmachen angesagt. Die Handwerker hatten drei „Werkstätten“ vorbereitet, deren Geschäftsfelder nun mit Diskussion und Kommunikation gefunden werden sollten. Der Plan ging auf.
Sybille Stenzel nahm die erste Ideenschmiede in Betrieb. Die Chefin der Qualifizierungszentrum Region Riesa GmbH machte sich gleich auf die Suche nach Wünschen und Bedarf, wie die neue Offene Werkstatt den Mut machenden Start der Handwerker-Camps jetzt weiter führen soll. Die große Lust am Suchen nach neuen Wegen fand bei den Mitmachern aus Unternehmen, Schulen, kommunaler Verwaltung und Arbeitsagentur eine klare Sprache: Finger weg von neuen hochglanzgedruckten Flyern und Broschüren! Wer nicht online geht, ist raus. Mut machend war die Bereitschaft der Schulen, den Kommunikationsfluss zwischen Handwerk und Schülerinnen und Schülern zu unterstützen. Ein wichtiges Ziel dabei können Exkursionen der Schulklassen in die Offene Werkstatt werden. Natürlich nicht als gemächliche Besichtigungstour, sondern als aktives Lehrplan- und Lustmacherangebot: selbst ausprobieren, was Handwerk alles drauf hat!
Mit Thomas Lehr strömte ein Hauch Exotik, oder klarer: Digitalisierung, in die zweite Werkstatt. Ab Beginn des neuen Jahres werden seine Conoscope GmbH, die Universität Leipzig sowie die Leipziger Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur mit Videokameras in zwei Bäckereien auf der Suche sein. Aber nicht nach den leckersten Brötchen und Törtchen, sondern auf der Suche nach dem klügsten Arbeitsprozess, der effizient aus besten Zutaten schmackhafte Spezialitäten zaubert. In der Industrie ist diese Prozessoptimierung Forschungsalltag, im Handwerk wird sie zur kräftigen Innovation. Wenn Meister und Gesellen bereit sind mitzumachen.
Azubis wollen mehr
Die SMILE-Initiative der Uni Leipzig brachte schlaue Fakten mit nach Riesa. Laut Direktor Utz Dornberger machten fast drei Viertel von rund 180 befragten Azubis aus der Region einen Wunsch sehr deutlich: Sie vermissen in ihrer Ausbildung neue kreative Arbeitstechniken. Ein spannendes Reservoir für das WIR!-Bündnis der Handwerker! Und es kommt noch spannender: Rund 20 Prozent der befragten Azubis können sich vorstellen, selbst Unternehmer zu werden. Wäre also ein sechsmonatiges Praktikum im Handwerk nicht die richtige Antwort auf diese Wünsche?
Allein diese Fragen treiben die Handwerker zwischen Meißen und Riesa zu frischen Ideen. Dass daraus Innovationen für Berufsausbildung, Qualifizierung und Digitalisierung entstehen, werden scheint fast sicher. Der Innovationsmotor für die Elberegion kommt ins Laufen.