Hygienisch und sicher: der berührungslose 3D-Fingerscanner
Wie man Fingerabdrücke auch kontaktlos und dreidimensional aufnehmen kann, hat ein Team des Zwanzig20-Konsortiums "3Dsensation" erforscht und einen Demonstrator entwickelt.
Zweidimensionale biometrische Fingerabdruck-Scanner sind heutzutage Standard und selbst in Einwohnermeldeämtern im Einsatz. Doch berührungslose Methoden sind sehr viel hygienischer und nicht nur in Pandemie-Zeiten immer häufiger gefragt. Eine Arbeitsgruppe von 3Dsensation hat sich, unter Federführung der Jenaer JENETRIC GmbH, dieser Aufgabe gestellt. Ihr Ziel: ein fälschungssicherer, dreidimensionaler Fingerabdruck-Scanner, der selbstständig und einfach zu bedienen ist und ohne direkte Berührung funktioniert. 3D4F – so der Name des Projekts – steht für das gleichzeitige Erfassen von vier Fingern einer Hand mithilfe eines 3D-Sensors. Kein leichtes Unterfangen, denn neben der innovativen Technologie und dem intuitiven Bedienungsdesign, das die Jenaer entwickelt haben, sollte der Scanner auch den internationalen Standards für die Qualität von Fingerabdrücken standhalten. Diese Standards sind durch das FBI, die oberste US-amerikanische Polizeibehörde, und das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik vorgegeben. Gefördert wird as Zwanzig20-Konsortium 3Dsensation vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF).
Bewegt und dennoch scharf
Zunächst zur technischen Idee: 3D-Sensoren, die mit einem optischen System aus Beleuchtung und Kamera kombiniert werden, erfassen in wenigen Sekunden vier Finger, während die Hand frei über den Scanner gehalten wird. Das klingt einfach, doch durch die Bewegung der Hand sind der Schärfentiefe physikalische Grenzen gesetzt. Damit die 3D-Sensoren die Fingerlinien genau erkennen können, ist wiederum ein großer Schärfenbereich notwendig. Ein Zoom-Objektiv, das sich jeder Bewegung anpasst, wäre dafür ideal, ist aber für den massentauglichen Einsatz in der Praxis zu teuer. Ein spezielles Kameraobjektiv mit fünf Linsen, das der Thüringer Unternehmenspartner Docter Optics entwickelt hat, und die Nutzung von blauem und grünem Licht mit verschiedenen Wellenlängen haben das Problem gelöst. Der Scanner erreicht damit eine hohe Schärfentiefe von mehreren Zentimetern.
Die 3D-Sensoren haben Wissenschaftler am Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik in Jena entwickelt. Die Anforderungen waren hoch, denn neben der gleichzeitigen Erfassung der vier Finger mussten auch die Bewegung der frei gehaltenen Hand erkannt, die bewegungsärmste Sequenz ausgewählt und die 3D-Daten jedes Fingers als Bild rekonstruiert werden. Die Forscher haben die Herausforderung gemeistert. Vom Scannen bis zum fertigen Bild dauert es momentan 10 bis 14 Sekunden – das soll künftig wesentlich schneller gehen. Doch entspricht das 3D-Bild des Fingerabdrucks auch dem FBI-Sicherheitsstandard? Um das herauszufinden, hat das Ilmenauer Zentrum für Bild- und Signalverarbeitung das dreidimensionale Bild in ein zweidimensionales transformiert. Das Ergebnis: Die Genauigkeit des Fingerabdrucks kommt dem geforderten Standard schon sehr nah, soll aber noch verbessert werden.
Intuitiv und gleichzeitig sicher
Auch die Bedienung des Scanners hat das interdisziplinäre Team von 3D4F wohldurchdacht. Sie sollte so einfach wie möglich und gleichzeitig sicher sein. Deshalb muss der Nutzer vor der eigentlichen Messung eine bestimmte Geste mit den Fingern zeigen. Nur so ist der Abdruck fälschungssicher. Die Dresdner Linguwerk GmbH hat dafür verschiedene Gesten untersucht und eine Software zur Erkennung der vier favorisierten Gesten entwickelt. Da die neuen Fingerabdruckscanner in der Praxis ähnlich wie Fahrkartenautomaten bereitstehen und selbstständig genutzt werden sollen, ist dieser Sicherheitscheck notwendig. Zugleich müssen die Scanner auch ein praktisches Design haben und intuitiv bedienbar sein. Produktdesigner des Jenaer Unternehmens ART-KON-TOR haben dafür ein Konzept entwickelt und gemeinsam mit einer Arbeitsgruppe der Technischen Universität Chemnitz diverse Anwender-Tests durchgeführt. Die größte Herausforderung war dabei, dass die an Touch-Screens gewöhnten Nutzer den Scanner nicht berühren und ihre Finger trotzdem in den notwendigen Schärfentiefe-Bereich bewegen. Das Ergebnis ist ein finaler Demonstrator, der bereits sehr nutzerfreundlich und sicher funktioniert, künftig aber noch perfektioniert werden soll. Dieser Herausforderung wird sich die JENETRIC GmbH nun stellen. Ihr Ziel ist es, den Demonstrator für Kundendemonstrationen und Messeauftritte weiterzuentwickeln und den Scanner bald in die Anwendung zu bringen.