Impulse kann jeder geben
Das Lebensumfeld selbst gestalten – darin werden Menschen in der Region Uckermark, Barnim und Ücker-Randow unterstützt und angeleitet vom WIR!-Bündnis "region 4.0". Wichtige Botschaft dabei: Jeder kann sich einbringen.
Gemeinsam suchen sie nach Veränderungen und Lösungen, um die ländliche Region attraktiver für Bewohnerinnen und Bewohner zu gestalten. Die Partnerinnen und Partner von „region 4.0 – Förderung von Identität & Qualität durch regionale Wertschöpfung“ konzentrieren sich dabei auf drei Schwerpunkte: Landwirtschaft und Ernährung, naturnaher Tourismus sowie Daseinsvorsorge und Infrastruktur. Das Bündnis ist Teil der Förderinitiative „WIR! – Wandel durch Innovation in der Region“ des Bundesforschungsministeriums.
Konkret besteht die Arbeit des Eberswalder Bündnisses aus einer Vielzahl von Ansätzen, bei denen Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit haben, sich einzubringen, Ideen mit zu entwicklen und vor allem auch umzusetzen. So lud region 4.0 etwa zum Spaziergang durch die brandenburgische Kleinstadt Oderberg ein. „Uns war es wichtig, dass auch möglichst viele Menschen einbezogen werden, jene, die bereits aktiv sind zum Innovationsprozess beitragen, aber auch diejenigen die dies bisher nicht tun", betont die Politologin Heike Walk von der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde, kurz HNEE. 50 Teilnehmerinnen und Teilnehmer ließen sich von den Ideen inspirieren und bekamen mit, dass Oderberg viel Potential hat.
Online dagegen wurde Ende August der Tourismusakzeptanz-Workshop organisiert. Deutlich wurde, dass sich viele Bewohnerinnne und Bewohner der Uckermark von Touristen gestört fühlen. Sie leiden unter dem deutlich erhöhten Verkehrsaufkommen, den Preissteigerungen und gefüllten Dörfern und Geschäften. Die positiven Auswirkungen, die der Tourismus bringt, wie höhere Einkommen, mehr Beschäftigung und verbesserte Infrastruktur sind im Bewusstsein der Bevölkerung wenig verankert. Das Problem: Gäste fühlen sich teilweise wenig willkommen, wenn die Bevölkerung sie ablehnt. Ganz anders sieht dies die Unternehmerseite: 45 Prozent sagen, es seien noch zu wenige Touristen da.
Attraktiveres Arbeiten in ländlichen Regionen
Zum Thema „Arbeit neu denken: Coworking in und um Prenzlau“ konnten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Garten des Dominikanerklosters Prenzlau inspirieren lassen. Vertreter der Think Farm, einem Coworking-Space in Eberswalde, erzählten von ihren Erfahrungen. Viele Fragen wurden diskutiert: Wer sind potenzielle Coworkerinnen und Coworker? Wie könnte ein Coworking-Space finanziert werden und welche Zusatzangebote kann er bieten, um attraktiv zu sein? Schließlich wurde vereinbart, eine Bedarfsanalyse zur Nutzung eines Coworking-Platzes in Prenzlau durchzuführen. „Silke Liebher von der Wirtschaftsförderung der Stadt Prenzlau hat inzwischen eine Online-Befragung umgesetzt, deren Ergebnisse noch ausstehen“, berichtet Gabriele Gruchmann, Koordinatorin von region 4.0. Ein Probe-Coworking-Tag wäre der nächste Schritt, um diese Idee im Raum Prenzlau weiter voranzubringen.
Die Aktion „Das Buch kommt per Bus“ entwickelte region 4.0 zur wohnortnahen Versorgung in ländlichen Regionen. In der Stadt Templin in der Uckermark gibt es die einzige Buchhandlungweit und breit. Ein Linienbus transportiert die Bücher in abgelegene Dörfer, und das zu Zeiten, in denen er nicht ausgelastet ist, wie etwa am Nachmittag. Die Aktion will die lokalen Händler stärken und, „wir wollten einen neuen Service anbieten, ohne dafür neue Fahrten zu machen“, erzählt Jan Lindenberg, Mitarbeiter im Fachbereich Nachhaltige Wirtschaft an der HNEE. Partner für den Buchtransport ist die Uckermärkische Verkehrsgesellschaft. Durch das anschließende Projekt "Soziale Logistik" wird 2021 die Forschung und das Angebot auf weitere Waren und Wege ausgedehnt.
Ein Projekt aus dem Bereich Landwirtschaft und Ernährung will die regionale Erzeugung von Biozucker voranbringen. Um den Ökozuckerrübenanbau in der Region Uckermark rentabel zu machen, soll in dem Projekt ein Roboter, der die harte Feldarbeit übernimmt, an die speziellen Bedingungen des Ökoanbaus angepasst werden, berichtet Ralf Bloch aus dem Bereich Politik und Märkte in der Agrar- und Ernährungswirtschaft der HNEE. Die Verarbeitung der „Uckerrübe“ zu Biozucker übernimmt die Zuckerfabrik Anklam.
Wissenschaftliche Begleitung behält den Überblick
Das Zentrum für Technik und Gesellschaft (ZTG) an der TU Berlin begleitet die Bündnisarbeit mit Anregungen so, dass für die Region maximaler Nutzen erwächst. Gemeinsam mit dem Leibniz Institut für raumbezogene Sozialforschung erarbeitet das ZTG Handlungsempfehlungen für die Weiterentwicklung der Innovationsstrategie des Bündnisses. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass region 4.0 nach gut einem Jahr an einem Punkt ist, an dem das bisherige strategische Vorgehen teilweise überdacht werden muss. „In wie vielen Handlungsfeldern ist es überhaupt möglich, Aktivitäten anzustoßen, die sich dauerhaft etablieren können?“, fragt Martina Schäfer vom ZTG. Einerseits sollen möglichst viele Akteure eingebunden werden, andererseits sind die Akteure innerhalb des Bündnisses damit zeitlich überfordert, und die Effizienz der Bündnisarbeit könnte darunter leiden. Schon jetzt müsse darüber nachgedacht werden, welche Teile des Bündnisses so wertvoll sind, dass sie verstetigt werden müssen und wer hierfür mögliche Partnerinnen und Partner sind.