Komm, spiel mit mir

Den Spieltrieb haben wir alle: Rabattpunkte sammeln, Like-Daumen, Herzen bei Social Media – auf spielerische Art ist es leicht, zum Mitmachen zu motivieren. Gamification ist der Schlüssel zur Aktivität. „BioGamesLab“ setzt ihn in der LifeScience ein.

„Es entsteht so viel in so kurzer Zeit“, schwärmt Jan-Henrik Schäfer. Der Experte für User Experience am Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA forscht im Bereich Biolaborautomatisierung. Seine Kernfrage: Wie können Prozesse nutzerorientiert besser gestaltet werden?

Die Arbeitsabläufe im Bereich LifeScience sind streng reguliert. In Laboren und Reinräumen gelten Hygienevorgaben, Prozessabfolgen müssen genau eingehalten werden, um Versuchsreihen nicht zu gefährden. Das Personal muss oft und umfangreich geschult werden. Gleichzeitig besteht hoher Innovationsdruck, wenn Unternehmen dieser Branche wettbewerbsfähig bleiben möchten.

Gamification, die Übertragung von Spiel-Elementen in nicht-spielerische Kontexte, setzt hier an, um Prozesse zu optimieren sowie Kreativität zu fördern. Der dreiteilige Workshop des Innovationsforums Mittelstand BioGamesLab hat gezeigt, dass das funktioniert. Veranstalter und Teilnehmer, zur einen Hälfte Innovationsmanager und Qualitätsentwickler aus großen Pharma-Unternehmen, zur anderen aus mittelständischen Unternehmen der Games-Branche, hatten großen Spaß auf dieser Spielwiese.

Kurzzeitwecker auf einem Tisch, neben Stiften und Post-its
Das Element der Zeitverknappung – nur einer der vielen Stressfaktoren, mit dem die Spielteams zu kämpfen hatten. © Fraunhofer IPA

Was ist das und wie geht das?

Im nICLAS Innovation Center für Laborautomatisierung Stuttgart entwickelten die Teilnehmer innerhalb kürzester Zeit erste Gamification- oder Serious Game-Ideen. Anhand einer Modellvorlage wurden diese auf die konkrete Arbeitssituation heruntergebrochen und alle dabei anfallenden Probleme und Fragen diskutiert. Zum Beispiel die Bekleidung für den Reinraum: Hierbei muss eine bestimmte Reihenfolge eingehalten werden. Ein Bildschirm in der Ankleide, der die Kleidungsstücke und die Stufen des Ankleideprozesses als Checkliste abbildet, könnte diesen Vorgang effizienter gestalten und Fehler reduzieren. Theoretisch. Praktisch jedoch muss so ein Bildschirm mit Energie versorgt, belüftet, gereinigt werden – alles zusätzliche Quellen für Bakterien. Zurück auf Los! also, neu starten, anders spielen, um aus einem Einfall tatsächlich ein Produkt zu machen.

Bei allen Aufgaben standen den Teams Experten und Moderatoren von Seiten des Fraunhofer IPA und der Hochschule der Medien Stuttgart (HdM) als Sparringspartner unterstützend zur Seite, hilfreich für die realistische Bewertung aller Bausteine, Etappen und Budgets.

Teilnehmerin vor einen Flipboard beim Präsentieren
Die Teilnehmer präsentierten sich nicht nur selbst, sondern auch ihre Spielkonzepte, die mithilfe der Experten auf Herz und Nieren geprüft wurden. © Fraunhofer IPA

Wichtiges Workshop-Ziel war auch das gegenseitige Kennenlernen, um Potenziale für eine Kooperation auszumachen. Die Firmen der Games-Branche präsentierten sich in kurzen Unternehmens-Pitches der Pharma-Branche. So konnten sich nicht nur die passenden Teams zusammenfinden. Ihre Zusammenarbeit wurde auch diversen Stresstests unterzogen und damit für die Praxis erprobt: Ein Mitarbeiter verlässt euch, was macht euer Team? Euch wird der Geldhahn zugedreht, was nun? Wie geht ihr mit dem Betriebsrat um? Der Liefertermin wird vorverlegt… Die Spielteams wurden mit unterschiedlichen Ereignissen und Zeitverknappung konfrontiert. Ja, Spielen kann harte Arbeit sein.

Spiel ohne Verlierer

Am Ende hat jedes Team aus seinen Ideen einen Prototyp für ein Spielkonzept entwickelt. Jeder Entscheider kann dies nun weiterentwickeln und testen – sei es auch nur, um im Unternehmen das Verständnis für Gamification zu multiplizieren und zu verankern.

Aus Sicht des BioGamesLab wurden schon jetzt die Erwartungen übertroffen: Aus den Spielteams würden reale Kooperationen und Produkte hervorgehen, auch in der Folge unterstützt von Fraunhofer IPA und HdM als Mentoren. Außerdem werde es einen halbjährlichen „Round table“ sowie einen Newsletter geben, um über die Ergebnisse zu sprechen und in Kontakt zu bleiben. Erfolgreiche Player, das sind nun beide Seiten.