Messen, stimulieren, kontrollieren

Neuartige Hauben zur Messung von Hirnströmen, bessere Methoden für die Therapie von Augenkrankheiten sowie genauere Diagnosen von Herz-Kreislauf-Erkrankungen –  Ilmenauer Forscher haben in Berlin überwältigende Ergebnisse präsentiert.  

Die Trockenhaube ist revolutioniert. Gemeint ist damit nicht jene, die über weiblicher Lockenpracht schwebt, sondern eine Haube, mit der Hirnströme gemessen, so genannte Elektroenzephalogramme (EEGs) erstellt werden können. Konventionelle Kappen sind an den Kontaktstellen der Elektroden feucht, damit der Strom besser fließen kann. Doch die Ilmenauer InnoProfile-Transfer-Initiative „EyeTSS“ hat eine Haube aus elektrisch leitfähigen, silber-beschichteten Textilfasern mit trockenen Elektroden entwickelt. Sie ermöglicht Messungen in gleicher Qualität, wie eine Studie gezeigt hat. So werden EEG-Untersuchungen sehr viel komfortabler. Patienten können die Haube sogar selbstständig zu Hause nutzen, was insbesondere für die Telemedizin interessant ist.
 

Wirksamere Therapien

Bei der Entwicklung der neuartigen Trockenhaube arbeiten die Wissenschaftler eng mit regionalen Unternehmen wie der neuroConn GmbH zusammen – eine Ausgründung aus der Technischen Universität Ilmenau. Die Firma hat unter anderem Stimulatoren für die Messung und Erzeugung des Stromes entwickelt, die beispielsweise für die Hirnstimulation bei Depressionen eingesetzt werden. Stromstimulationen durch den Schädel eignen sich aber auch zur Rehabilitation der Motorik nach einem Schlaganfall. Allerdings wird bei konventionellen Therapien das Zielareal oftmals nicht genau getroffen. EyeTSS beschäftigt sich deshalb auch damit, die Stromverteilung so zu optimieren, dass umliegendes Gewebe geschont wird.

Mit einer neuartigen textilen Haube können bestimmte Hirnareale mit Strom stimuliert werden, beispielsweise für die Schlaganfall-Therapie.  (Foto: Ari)   
Mit einer neuartigen textilen Haube können bestimmte Hirnareale mit Strom stimuliert werden, beispielsweise für die Schlaganfall-Therapie.      © Ari

Mit den Stimulatoren der neuroConn GmbH können selbst Augenerkrankungen therapiert werden. Dabei wird die Reaktion der Gefäße auf die leichten Stromstöße zur Behandlung genutzt. Für eine Studie haben EyeTSS-Forscher erstmals Stromstimulationen mit Flackerlicht kombiniert und dabei eine Veränderung der Gefäße entdeckt. Perspektivisch könnten damit Diagnose und Therapie verbessert werden.
 

Exaktere Diagnosen

Für eine erfolgreiche Therapie ist aber auch eine exakte Diagnose notwendig. Um Augenerkrankungen wie den Grauen Star eindeutiger feststellen zu können, haben die Wissenschaftler der InnoProfile-Transfer-Initiative „MAMUD“ einen neuen Ansatz zur Streulichtmessung am Auge gefunden. Der Augenhintergrund zeigt unter anderem die Risiken für Herz-Kreislauferkrankungen eines Patienten. Ein Foto zeigt die Durchmesser verschiedener Blutgefäße. Aus dem Verhältnis der Durchmesser von Venen und Arterien kann das Erkrankungsrisiko abgeschätzt werden. Durch die subjektive Auswahl der Gefäße und ständigen Schwankungen des Gefäßdurchmessers gibt es bei dieser Methode allerdings einige Messunsicherheiten. Eine MAMUD-Arbeitsgruppe hat deshalb die Gefäßmessungen mit der kontinuierlichen Messung des Blutdrucks kombiniert. So kann der ideale Zeitpunkt für die Gefäßmessung gefunden und ein mittlerer Wert ermittelt werden. Für diese neue Methode haben die Wissenschaftler eine Testplattform erstellt, die Gefäßauswahl und -messung automatisch durchführt.

Genauere Messmethoden für die Gefäße des Augenhintergrundes können die Risiken für Herz- Kreislauferkrankungen deutlicher zeigen. (Foto: Susann Nürnberger)  
Genauere Messmethoden für die Gefäße des Augenhintergrundes können die Risiken für Herz- Kreislauferkrankungen deutlicher zeigen.   © Susann Nürnberger


 

Eindeutige Messungen

Auch bei technischen Anwendungen ist es wichtig, Fehler zu vermeiden, zum Beispiel beim Drucken elektronischer Leiterplatten. Bei diesem Verfahren wird Lotpaste auf Leiterplatten geschossen, ähnlich wie Tinte auf Papier. Damit die Lotpaste an den richtigen Stellen aufgebracht wird, haben die Forscher in Zusammenarbeit mit dem Thüringer Ingenieurbüro Steffen Knabner eine Methode entwickelt, die den Druck überprüft. Mit Hilfe einer Kamera am Druckerkopf und anschließenden Berechnungen wird das aufgebrachte Volumen gemessen und die Effizienz des Druckes eingeschätzt.

Selbst bei der geomagnetischen Untersuchung von Böden kann es zu Messfehlern kommen. Auch dafür haben die Ilmenauer eine Lösung gefunden: einen speziellen Algorithmus, mit dem man vom Mess-Signal auf die Quelle, also die Struktur des Bodens, zurückrechnen kann. Die oberflächennahe Untersuchung von Böden ist insbesondere für die Archäologie und die Baugrunduntersuchung von Bedeutung.

Weitere Informationen zur den InnoProfile-Transfer-Initiativen EyeTSS finden Sie hier und zu MAMUD hier.