Mikrobiologische Putzteufel

Die chemische Industrie hat Spuren hinterlassen – nicht nur positive. Kontaminationen können sich über viele Jahrzehnte im Boden halten. Der Berliner „WK Potenzial“ BACT entwickelt eine Wertschöpfungskette für mikrobiologische Sanierungsverfahren.  

Bakterienstämme  mit einem Lichtmikroskop bei 1000facher Vergrößerung aufgenommen (Foto: ARGUS GmbH)  
Bakterienstämme  mit einem Lichtmikroskop bei 1000facher Vergrößerung aufgenommen   © ARGUS GmbH

„Berlin, Mitteldeutschland, Rhein-Main- und Rhein-Neckargebiet ... – die Großchemie hat seit dem 19. Jahrhundert ihre Spur quer durch Deutschland gezogen“, Andreas Horn zeigt auf einer Karte die Ballungszentren, wo Teerverarbeitung und Gummiherstellung, die Produktion von Lacken und Farben, von Pflanzenschutzmitteln und Pharmazeutika angesiedelt waren. Die Berliner Ingenieurgesellschaft HORN & MÜLLER hat 20-jährige Erfahrung beim Erschließen von Flächenressourcen. „Baufeldfreimachung“ heißt das Fachwort, das unter anderem die Sanierung kontaminierter Böden beinhaltet. Auch Jahrzehnte nach Betriebseinstellung, sagt Horn, würden an solchen Industriestandorten toxische Kontaminationen festgestellt. Und: Die herkömmlichen Verfahren zur Sanierung solcher Altlasten seien effektiv, aber aufwändig und teuer. Was zur Folge habe, dass einige solcher Flächen brach liegen.




 

Modernste Methode der Altlastensanierung

Maren Junghans, Geschäftsführerin der ARGUS Umweltbiotechnologie GmbH Berlin, ergänzt: „Inzwischen haben sich die Nachweisverfahren verbessert, und wir besitzen neue Erkenntnisse über Abbaumechanismen.“ Seit über 20 Jahren befasst sich die ARGUS mit der Untersuchung und Sanierung von Böden und Grundwässern. Als eines der ersten in Deutschland wendet das Unternehmen mikrobiologische Methoden zur Altlastensanierung an und ist somit ein kompetenter Partner im Forschungsverbund „BACT – BioAnilinCleanTec“. Wie es der Name sagt, entwickelt das vom BMBF geförderte Bündnis biologische Technologien speziell zur Reinigung von Böden, wie sie in den genannten Industrieregionen vorkommen: Sie sind mit anilinähnlichen Verbindungen verseucht. Doch an diesen Flächen – in eine gute Infrastruktur eingebettet, zumeist an Flüssen und landschaftlich reizvoll gelegen – steigt mittlerweile das Interesse auf dem Immobilienmarkt.

Eine Petrischale mit Nährmedium, um die Keimzahl zu bestimmen. (Foto: ARGUS GmbH)
Eine Petrischale mit Nährmedium, um die Keimzahl zu bestimmen. © ARGUS GmbH

Das BACT-Bündnis erhofft sich von Wirtschaft und kommunaler Verwaltung Aufgeschlossenheit gegenüber neuartigen Sanierungsverfahren, wozu der Einsatz von Mikroorganismen zählt. Derartige Technologien seien kostengünstig, längst nicht so aufwändig und darum gut anwendbar bei ökologischen Großprojekten, die aktuell an Bedeutung gewinnen.

 

Appetit auf Anilincocktail

An der Beuth Hochschule für Technik wurden die Schadstoffe mit entsprechenden Mikroorganismen in Kontakt gebracht und drei geeignete Stämme identifiziert. Die ARGUS fand heraus, dass durch Zugabe von Mineralsalzen in das Grundwasser die Abbauleistung gesteigert werden kann. Der vierte Projektpartner, die HARBAUER GmbH, hat einen Säulenreaktor und einen Trommelreaktor entwickelt. Erste Tests haben die Laborergebnisse bestätigt. Jetzt geht es um die Optimierung der Anlagen.

HORN & MÜLLER hat einen virtuellen Rundgang durch das Technikum erstellt. (Foto: HORN & MÜLLER GmbH)  
HORN & MÜLLER hat einen virtuellen Rundgang durch das Technikum erstellt.   © HORN & MÜLLER GmbH

Die Berliner Senatsverwaltung ist an den BACT-Forschungen sehr interessiert und hat einen Bereich ihrer Grundwasser-Reinigungsanlage in Berlin-Lichtenberg für Technikumsversuche zur Verfügung gestellt. Rummelsburg an der Spree ist bei Investoren begehrt, war aber einst Produktionsstandort für Farben, Textilien und Gummi. Ob die Schadstoffcocktails nach dem Geschmack der Mikroorganismen sind? Feldversuche sollen in nächster Zeit beweisen, dass hier die biologische Methode der Abwasserreinigung gegenüber der herkömmlichen Zeit und Kosten spart.


 

Weitere Informationen zum WK Potenzial BACT finden Sie hier.