Neue Labordiagnostik aus Senftenberg

Das deutsche Gesundheitssystem wird immer teurer! Diese Schlagzeile tauchte auch zum Jahresende 2015 wieder auf. Forscherinnen und Forscher der Brandenburgischen Technischen Universität in Senftenberg wollen dabei helfen, diese Entwicklung zu stoppen.

Die Wissenschaftler der InnoProfile-Transfer-Initiative „Multiparameterdiagnostik (Multiplex-Bead-Assays)“ beschäftigen sich seit nun 10 Jahren unter der Leitung der drei Forscher Peter Schierack, Stefan Rödiger und Claudia Liebsch mit den drei Bereichen Allgemeine Mikrobiologie, Diagnostik von Krankheitserregern und Autoimmundiagnostik. Das Hauptinteresse ihrer Arbeit liegt in der Entwicklung einer multifunktionalen Medizindiagnostik, die den Defiziten des deutschen Gesundheitsystems trotzen soll. Werner Lehmann, Geschäftsführer der Attomol GmbH, initiierte vor über zehn Jahren den Wachstumskern „BIORESPONSE“. Der Mut mache sich heute mehr und mehr bezahlt, unterstreicht Werner Lehmann: „Auch wenn ich manchmal das Gefühl habe, dass wir im Verlaufe eines Jahres nur zentimeterweise vorankommen, haben wir 2015 entscheidende Zentimeter geschafft.“

Die Anhaftung von rot leuchtenden Bakterien signalisiert eine Infektion menschlicher Leberzellen. (Foto: BTU Cottbus-Senftenberg)
Die Anhaftung von rot leuchtenden Bakterien signalisiert eine Infektion menschlicher Leberzellen. © BTU Cottbus-Senftenberg


 

Internationales Interesse

Über fehlendes Interesse können sich die Forscher nicht beklagen. Einladungen zu wissenschaftlichen Konferenzen gab es bereits aus Zürich, San Diego, München, Berlin, Tiflis und Maribor. Man ist international aufmerksam geworden auf Senftenberg. Peter Schierack ist davon nicht überrascht: „In der medizinischen Diagnostik gibt es weltweit Anstrengungen, die Proben von Körperflüssigkeiten beziehungsweise Gewebeproben gleichzeitig auf mehrere Parameter zu untersuchen.“ Verglichen mit der klassischen Labordiagnostik werde man so dem stetigen Kostendruck und Zeitmangel entgegenwirken können. Für Ärzte und Krankenhausverwaltungen eine verlockende Aussicht, ist sich Peter Schierack sicher.
 

Die Basis: VideoScan-Technologie

Die VideoScan-Technologie vereint eine Vielzahl analytischer Methoden in einem vollständig automatisierten System. Dank digitaler Bildverarbeitung kann die Fluoreszenzmikroskopie optimal genutzt werden. Dabei wird eine Probe unter dem Mikroskop mit dem Licht einer bestimmten Wellenlänge bestrahlt, um definierte Partikel oder Stoffe sichtbar zu machen. Arbeitsgruppenleiterin Claudia Liebsch ergänzt: „Mit dem VideoScan 3.0 können jetzt Proben von Zellmaterial und Mikropartikeln bei verschiedenen Temperaturen variabel untersucht werden. Diagnostische Fragen werden dabei in Modulen definiert, sodass beispielsweise Proben von DNA-Mikropartikeln, Mikropartikel von Proteinen und Körperzellen aufgebaut und untersucht werden können.“


 

Entscheidende Schritte

Richtig vorangekommen sei man besonders beim Aufbau innovativer Proben von Bakterien und Zellen, unterstreicht Claudia Liebsch: „Forschungsschwerpunkte waren unter anderem das Kultivieren und die Feincharakterisierung von Bakterien für Laborproben.“ Weiteren Forschungsbedarf sieht sie in der Wirkungsweise spezifischer Antikörper beim Aufbau der Proben.
 

Perfekte Hardware braucht beste Software

Stefan Rödiger arbeitet gegenwärtig mit seinem Team an der nächsten Hard- und Softwaregeneration, die eine Erhöhung des Probendurchsatzes zur Folge haben wird. Mit Open Source-Software sollen in Zukunft möglichst viele Ärzte, Labore und Kliniken für die neuen Möglichkeiten der Multiparameterdiagnostik interessiert werden: „Ganz bewusst wollen wir die Hemmschwelle für neue Nutzer senken“, so Stefan Rödiger weiter.

Der Latextest: Die Verklumpungen weisen auf eine beginnende Infektion im menschlichen Körper hin. (Foto: BTU Cottbus-Senftenberg)  
Der Latextest: Die Verklumpungen weisen auf eine beginnende Infektion im menschlichen Körper hin.   © BTU Cottbus-Senftenberg

Bis zum Jahr 2018 ist das Forschungsprojekt angesetzt und wird sich vor allem auf die Vervielfältigung der Erbsubstanz DNA in Echtzeit durch eine Polymerase-Kettenreaktion fokussieren. 32 Vertiefungen soll einmal die neue Laborplatte haben. 32 Proben, die exakte Laborergebnisse mit dem VideoScan 3.0 liefern. 32 Proben, die Krankheitserreger auf einen Blick verlässlich sichtbar machen. Für 2016 kündigt Stefan Rödiger weitere Forschungsinvestitionen von voraussichtlich 60.000 Euro an.

Weitere Informationen zur InnoProfile-Transfer-Initiative Multiplex-Bead-Assays finden Sie hier.