Pionierarbeit im Vogtland
Erstmals seit anderthalb Jahren haben sich die Mitglieder und Gäste der „Vogtlandpioniere“ analog statt digital ausgetauscht. Auf ihrem Jahrestreffen zogen die Bündnispartner eine beeindruckende Bilanz und gaben spannende Ausblicke auf die Zukunft.
Heitere Stimmung im Bio-Seehotel Zeulenroda, mitten im thüringischen Vogtland. Endlich gibt es wieder die Gelegenheit, sich zu sehen und persönlich auszutauschen. Das freut nicht nur die Bündnispartner, sondern auch Unterstützer und Besucher wie Gisela Philipsenburg, Leiterin des Referats „Nachhaltige regionale Innovationsinitiativen“ im Bundesforschungsministerium. Gemeinsam diskutiert sie mit dem WIR!-Bündnis „Vogtlandpioniere“ Arbeitsergebnisse, die hier zum ersten Mal öffentlich in Vorträgen und auf Postern präsentiert werden.
Einer kommt sogar ohne Poster aus: Alexander Kulik vom Verbundprojekt „DenkmalDigital“. Er reicht Gisela Philipsenburg stattdessen eine Brille, mit der sie in die virtuelle Realität eintauchen kann. Zu sehen ist das digitale Modell der frühgotischen Wehrkirche im kleinen Thüringer Ort Döblitz, die seit fast zwei Jahrzehnten saniert wird. Risse im Gemäuer und Schäden durch Feuchtigkeit sind deutlich sichtbar. Genau das ist auch der Sinn des Projekts: Wissenschaftler der Bauhaus-Universität Weimar haben gemeinsam mit Restauratoren innovative Technologien entwickelt, die es ermöglichen, den Zustand historischer Bauwerke digital zu erfassen, um Sanierungen genauer planen zu können. Ein nützlicher Nebeneffekt: Die dreidimensionalen Modelle können auch für Bildungszwecke sowie in der Kultur und im Tourismus zum Einsatz kommen.
Raum für Innovationen
Zur schonenden Untersuchung alter Bausubstanz wollen die „Vogtlandpioniere“ Hightech-Geräte wie einen Nano-Computertomographen anschaffen, der sehr detaillierte Aufnahmen innerer Strukturen von Mauerwerk oder Metallkörpern ermöglicht. Mit dem Computertomographen und weiteren Großgeräten will INNOVENT e. V., das koordinierende Institut der Vogtlandpioniere, gemeinsam mit dem Textilforschungsinstitut Thüringen-Vogtland ein Prüflabor zur Gefährdungsbeurteilung historischer Bausubstanz in Greiz und Jena etablieren.
Um regionale Kulturdenkmäler zu erhalten und eine neue Nutzung zu ermöglichen, arbeiten die Vogtlandpioniere auch an innovativen Sanierungstechnologien. Dazu gehören textile Lösungen, denn die Textilindustrie hat eine lange Tradition im Vogtland. So könnten für die Heizung und Beleuchtung der Alten Kulturfabrik in Greiz zum Beispiel textile Elemente genutzt werden. Mehrdimensionale Textilien mit einer neuartigen Gipsschaumfüllung, die im Projekt „GIPSTEX“ entwickelt werden, können den Wärme-, Brand- und Schallschutz alter Gebäude verbessern.
Demonstration am Denkmal
Zur Erprobung der neuen Technologien nutzt das Bündnis inzwischen elf Baudenkmäler im Vogtland als Demonstrationsobjekte. Dazu gehört auch die Alte Greizer Kammspinnerei, in der eine Gemeinschaftseinrichtung für die Vogtlandpioniere etabliert werden soll, um die Nachhaltigkeit des Bündnisses zu sichern. In einem Technikum, das allen Partnern als Kollaborationslabor zur Verfügung steht, können neue Produkte entwickelt und demonstriert werden. Geplant sind außerdem Bildungsangebote zur Fachkräftesicherung. Damit will das Bündnis die Zusammenarbeit von Wissenschaft, Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft intensivieren und die Wettbewerbsfähigkeit der Region stärken.