Plasmajet statt Schleifmaschine

Freiformoptiken sind gefragt. Sie vereinen verschiedene Oberflächenformen in einer Optik; das spart Material, Platz und Gewicht. Um solche Optiken zu produzieren, sind spezielle Verfahren notwendig, die die letzten Jahre in Leipzig entwickelt wurden.

Thomas Arnold ist stolz – zu Recht. Auf dem Abschlusstreffen der Initiative „Ultrapräzisionsbearbeitung mit atomaren Teilchenstrahlen (UAT)“ präsentiert er die Ergebnisse der InnoProfile-Transfer-Initiative. Der Physiker hat die Forschungsgruppe am Leipziger Leibniz-Institut für Oberflächenmodifizierung (IOM) e.V. fünf Jahre lang geleitet. Zusammen mit seinen Mitstreitern und den kooperierenden Unternehmen hat er Plasmajet- und Ionenstrahlverfahren erforscht, mit denen Materialien ultrapräzise, also auf den Nanometer genau, bearbeitet werden können. Damit haben die Wissenschaftler die Grundlagen für den Transfer in die Industrie geschaffen, beispielsweise für Plasmajetquellen, mit denen Quarzglas bearbeitet werden kann. Bei diesem Verfahren erzeugt fluorhaltiges Gas einen Plasmajet, der Quarzglas durch eine chemische Reaktion auflöst. Mit Hilfe eines computergesteuerten Verweilzeitverfahrens, das die Leipziger ebenfalls entwickelt haben, können sie genau bestimmen, wo und wie lange der Plasmajetstrahl verweilen soll. Auf diese Weise lassen sich sehr diverse und gleichzeitig präzise Formen herstellen. Ein Verfahren, das für die Produktion von Freiformoptiken ideal ist. Konventionelle Techniken wie Schleifen oder Polieren sind für derart unkonventionelle Optiken ungeeignet. Um die neue Technologie vermarkten zu können, haben die ehemaligen UAT-Mitarbeiter Hendrik Paetzelt und Georg Böhm vor zwei Jahren die Trionplas Technologies GmbH gegründet.

Plasmajetquellen
Für solche Plasmajetquellen hat die Trionplas Technologies GmbH ein schlankeres Design entwickelt, das die Gasströme optimiert und dadurch die Bearbeitungszeit verringert. © Trionplas Technologies GmbH

Industrietransfer

Mit ihrer Firma wollen die beiden das Plasmajetverfahren in eine Maschinenplattform einbinden, die industriell genutzt werden kann. Ihre Technologie hat viele Vorteile. Sie ist verschleißfrei und äußerst schnell. Pro Minute kann der Plasmajet bis zu 50 Kubikmillimeter Material abtragen. Da das Verfahren berührungslos ist, bleibt die Form sehr gut erhalten und die Rauigkeit der Oberfläche äußerst gering. Ein neuartiger gepulster Mikrowellenantrieb führt außerdem zu Formverbesserungen von bis zu 90 Prozent. Paetzelt und Böhm wollen künftig das Komplettsystem vermarkten. Die Chancen stehen gut, da die Nachfrage an effizienten, flexiblen und präzisen Verfahren, die noch dazu kostengünstig sind, stetig steigt. 2020 wollen die beiden das System erstmals auf der Messe „Optatec“ in Frankfurt/Main präsentieren. Bis dahin feilen die Gründer noch an Details. So haben sie der Plasmaquelle ein neues, schlankes Design verpasst, das die Gasströme optimiert und dadurch die Prozesszeit verkürzt. Außerdem wollen sie die Plasmajet-Politur mit der Laserbearbeitung verbinden.

Quarzglas
Mit Hilfe von Plasma können Oberflächen wie Quarzglas präzise bearbeitet werden. Das ist besonders für die Herstellung von Freiformoptiken interessant. © Leibniz-Institut IOM

Wissenstransfer

Auch Thomas Arnold und seine Forschungsgruppe am Leibniz-Institut IOM arbeiten weiter an den von ihnen entwickelten Technologien. In den vergangenen vier Jahren haben sie ihre Ergebnisse in 14 Fachjournalartikeln veröffentlicht und bereits vier Patente angemeldet.

Sein Wissen gibt Arnold auch an den Nachwuchs weiter. Als Stiftungsprofessor hat er einen Lehrauftrag an der Technischen Universität Dresden. Stifter seiner Professur sind Unternehmen, mit denen er im Rahmen von UAT eng zusammengearbeitet hat. Dazu gehören unter anderem die JENOPTIK Optical Systems GmbH und die Carl Zeiss Jena GmbH. In dieser Kombination aus Forschung, Lehre und Transfer will Arnold das erworbene Knowhow nun bestmöglich nutzen und weiter ausbauen.

WEITERE INFORMATIONEN