Potsdamer Juwelen

Die Universität Potsdam freut sich über „vorzeigbare Exzellenz“. Denn binnen zehn Jahren ist Forschenden gemeinsam mit regionalen Unternehmen eine Revolution gelungen: die biotechnologische Antikörper-Produktion mit Methoden des 21. Jahrhunderts.

"Ich würde es immer wieder tun ...“, sagt Katja Hanack und erntet beipflichtendes Lachen von ihren Kolleginnen und Kollegen. Seit über zehn Jahren erforscht und entwickelt die promovierte Biologin und Immunologin aus Potsdam moderne Technologien, mit deren Hilfe Antikörper effizient, zeit- und kostensparend sowie ohne Tierversuche produziert werden können. „Ich wollte die herkömmliche Herstellungstechnologie, die 1975 publiziert wurde und 1984 den Nobelpreis erhielt, modernisieren und ins 21. Jahrhundert überführen“, sagt die Wissenschaftlerin.

Von Anfang an fand sie Unterstützung durch Förderprogramme des Bundesforschungsministeriums (BMBF). Schließlich sind Antikörper die „talentiertesten Bindemoleküle für Nachweissysteme zur medizinischen Diagnose wie auch für die Therapie. Der Bedarf an hochqualitativen Antikörpern steigt mit der Entwicklung von immer leistungsfähigeren Testsystemen, von neuen Impfstoffen und Medikamenten.

Die Forschergruppe im Labor
Katja Hanack und ihr Team – hier ein Bild aus Vor-Corona-Zeiten – haben an der Uni Potsdam die Antikörperforschung als Schwerpunkt etabliert. © Gerhard Westrich

Vertrauen auf Experimentierfreude

„Ihrem Team ist da etwas Großes gelungen“, wird der Wissenschaftlerin dann auch von Gisela Philipsenburg bescheinigt. Die Leiterin des Referats für Nachhaltige regionale Innovationsinitiativen im BMBF war nach Potsdam gekommen, um hier im Audimax der Universität Potsdam zehn Jahre erfolgreiche Antikörperforschung zu feiern – gemeinsam mit dem Präsidenten der Uni, mit den Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern um Katja Hanack und nicht zuletzt mit den Stiftern aus der regionalen Wirtschaft, die seit 2015 die Professur für Immuntechnologie finanzieren.

„Das zeugt von großem Vertrauen“, weiß Katja Hanack den Mut der Stifter zum Experimentieren zu schätzen. Das Team um Katja Hanack ist stolz auf das Erreichte: Die Zeit für die Herstellung von Antikörpern konnte von zwölf Monaten auf acht Wochen verkürzt werden. Gleichzeitig wurden Methoden entwickelt, die außerhalb von Versuchstieren funktionieren. Was bei der Antikörperproduktion in Mäusen, Kamelen und sogar Menschen stattfindet, gelingt den Potsdamern nun in der Kulturschale.

Akademia trifft Wirtschaft

Die Basis für den Erfolg im Labor legten persönliche Kontakte und die praxisbezogenen Kooperationen mit Unternehmen aus der regionalen Wirtschaft. 2008 hatte Katja Hanack die Leitung der InnoProfile-Initiative „Antikörper-Technologien“ an der Universität Potsdam übernommen und war damals, wie sie sagt, „Klinken putzen“ gegangen. Sie hatte bei jedem ins Geschäftsprofil passenden Unternehmen angeklopft und ihr Vorhaben vorgestellt.

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Ich wollte die herkömmliche Herstellungstechnologie, die 1984 den Nobelpreis erhielt, modernisieren und ins 21. Jahrhundert überführen“

Katja Hanack

„Von der Zusammenarbeit mit der Wirtschaft profitiert auch die Universität“, betont deren Präsident Oliver Günther. Gemeinsam mit der InnoProfile-Initiative sei auch die Uni neue Wege gegangen hin zur anwendungsorientierten Lehre, die noch in den 1990er-Jahren nicht üblich war an Universitäten. Heute, fordert Günther, müsse eine Universität Antriebsmotor sein für das Innovationsgeschehen in der Region. Aus den Bedürfnissen der Wirtschaft heraus wiederum kämen neue Impulse für die Forschung. Günther bezeichnet die wissenschaftliche Nachwuchsgruppe um Katja Hanack als „vorzeigbare Exzellenz auf dem Gebiet der Antikörperforschung“ und als „Juwel an der Uni Potsdam“. Nach Auslaufen der Förderung führt die Hochschule die Professur für Immuntechnologie bis 2025 fort.

Innovative Produkte für internationale Märkte

Die Stifterunternehmen profitieren allesamt von gemeinsamer Forschung und Entwicklung, die sich jedes einzelne nicht aus eigener Kraft hätte leisten können, so die einhellige Meinung aus dem Kreis von Biocyc GmbH, GA Generic Assays GmbH, Medipan GmbH, preclinics GmbH, Seramun diagnostica GmbH und Sifin diagnostics GmbH.

Denn die Stifter wissen: Nur mit innovativen Produkten können sie sich auf internationalen Märkten behaupten. Sie wollen weiterhin Kooperationen mit der Uni eingehen. Ein triftiger Grund sei auch die Nachwuchsgewinnung. Mittlerweile führen einstige Studierende und Promovierende ihre berufliche Karriere in den Unternehmen fort. Auch Katja Hanack ist 2014 selbst zu einer Unternehmerin geworden, mit der Ausgründung ihrer eigenen Firma new/era/mabs.