Rostbratwurst und Energie
Die Metropolregion Nürnberg will ab heute für beide Themen stehen. Im Innovationsforum Mittelstand „Nachhaltige Energiesysteme – sicher, dezentral, vernetzt“, kurz INE, zeigt sie, was sie in puncto Energiewende zu bieten hat.
Nürnberg steckt mitten im Strukturwandel: Vom traditionellen Standort für die Produktion von Turbinen und Kraftwerkstechnik ist heute nicht mehr viel übrig. Durch die Energiewende verändert sich alles. Das Klimaziel scheint weit entfernt. Das weiß auch Robert Schmidt von der IHK Nürnberg, Mitinitiator des vom Bundesforschungsministerium geförderten Innovationsforum Mittelstand INE. „Bis 2020 sollen 40 Prozent CO2 eingespart werden, Kohle- und Kernkraftwerke ausgeschaltet sein“, sagt er. Deshalb muss die Region umdenken, und das tut sie auch. Die Vision: Nürnberg als Leuchtturm für nachhaltige Energiesysteme. Und dafür hat das Forum regionale Kompetenzen aus der Automation, Produktionstechnik, Informations- und Kommunikationstechnik sowie Energie und Umwelt zusammengebracht. INE soll den Austausch zwischen Forschung, Unternehmen und Verbänden fördern und gemeinsame branchenübergreifende Projekte entwickeln. Projekte, die es möglich machen, Erneuerbare Energien nachhaltig zu nutzen: in der Produktion, in der Landwirtschaft, beim Thema Mobilität und im Alltag jedes Einzelnen. Das Forum sei eine „Spielwiese der Energie“ und „wir schaffen den nötigen Rahmen dafür“, sagt Jens Hauch, geschäftsführendes Vorstandsmitglied des ENERGIEregion Nürnberg e.V., der das Forum koordiniert. Aber wie sehen Energie-Leuchttürme aus? Einige Nürnberger Initiativen haben hier bereits ganz klare Vorstellungen.
Energie per Flatrate
Wie das zukünftige Stadtquartier Made in Nürnberg ganz im Sinne der Energiewende aussehen könnte, zeigt beispielsweise das Projekt Hallerndorf im Kreis Nürnberg. Hier gibt es bereits die größte Solarthermieanlage Bayerns, die ins Nahwärmenetz eingebunden ist. Hier wird Sektorkopplung vorbildlich gelebt. Zusätzlich gibt es eine Stromtankstelle für Elektroautos und einen Elektrospeicher. In Hallerndorf hängen Strom, Wärme und Mobilität sozusagen an einem Netz, und zwar dezentral gesteuert. Der Energieverbraucher ist somit gleichzeitig Energieerzeuger. Das schwankende Angebot an Sonnenergie wird ausgeglichen, und das Quartier sichert sich seine unabhängige Energieversorgung.
Nicht nur Wohnhäuser können in dezentrale Selbstversorgernetze eingebunden werden, auch Gewerbegebiete und sogar Informations- und Kommunikationstechniken wie das High-Speed-Internet per Glasfasertechnologie. „Wichtig ist es, den Energiemix für jede einzelne Quartiersversorgung zu finden“, betont Thilo Jungkunz von der Naturstrom AG. In Zukunft sei es auch vorstellbar, Flatrates anzubieten, die Strom, Mobilität, Wärme und Kommunikation in einem Paket zusammenfassen.
Wie viel und wofür?
Die Industrie legt große Hoffnungen in INE. Gerade in der Produktion geht es nicht nur um Produktoptimierung. In Zukunft sollen die Anbieter nur so viel Energie erzeugen, wie tatsächlich benötigt wird. Hierzu wäre ein Energiemanagement von Vorteil, welches während der Produktion, beim Mischen, Schmelzen oder Sägen, erkennt, wie viel Energie für welchen Schritt zu welcher Tages- oder Jahreszeit eingespeist werden muss, und nach diesen Daten die Prozesse optimal ausrichtet. Unternehmen schaffen es heute noch nicht, Verbrauchs- und Produktionsdaten optimal zu verbinden. Auch muss sich in Zukunft zeigen, wie Datenmassen dann gespeichert werden. Ein Stichwort lautet Edge-Computing: Die Datensammlung findet dezentral vor Ort statt und nicht mehr am zentralen Server.
Um die Energiesysteme der Zukunft umzusetzen benötigt es Ideen und Kooperationen. Die Basis hat INE geschaffen, nun ist es Aufgabe der Beteiligten, die intelligenten Energiesysteme zu entwickeln. Sie müssen nicht nur die technischen Herausforderungen bewältigen, sondern auch gesellschaftliche Auswirkungen berücksichtigen. Bliebe Strom beispielsweise trotzdem für alle bezahlbar? Bei einem waren sich die Teilnehmer des Forums einig: In der Metropolregion Nürnberg steckt das Potenzial, das Thema Energie 4.0 anzugehen. „Und in Zukunft heißt es: Woran denken Sie, neben der Bratwurst, wenn Sie Nürnberg hören? An intelligente Energiesysteme!“, lacht Jens Hauch.