Sichere Brücken und intelligente Wohnzimmer

Von der Couch aus Raumtemperatur, Blutdruck und Mails im Blick haben – smarte Displays machen es möglich. Wie das geht und was schlaue Materialien in Betonbrücken zu suchen haben, erfuhr man beim jährlichen Meeting des Zwanzig20-Konsortiums "smart³".

Wer kennt sie nicht, die Bilder von maroden Autobahnbrücken in Deutschland? Im Bundesfernstraßennetz ist jede achte Brücke sanierungsbedürftig; das kann für den Straßenverkehr gefährlich werden. Damit der Zustand von Betonbrücken künftig jederzeit unter Kontrolle ist, haben Ingenieure der Technischen Universität Dresden gemeinsam mit Unternehmenspartnern eine clevere Lösung gefunden. Sie wollen in die Betonstrukturen Drähte aus speziellen Formgedächtnislegierungen, die von einem Bochumer Start-up hergestellt werden, als Sensoren einbringen. Der schlaue Draht merkt, wenn sich seine Form durch die Bewegung des Betons verändert. Sobald er versucht, die alte Form wiederzuerlangen, registriert digitale Überwachungstechnik die Bewegung. Eine grafische Visualisierung zeigt dem Nutzer via Tablet oder Smartphone, ob alles im grünen Bereich ist.

Ansicht einer maroden Brücke
Brüchige Brücken: Jede achte Brücke im Bundesfernstraßennetz ist marode. Sensoren aus intelligenten Materialien sollen den Zustand der Betonbauwerke künftig besser überwachen. © istockphoto/Photawa

Die intelligente Technik könnte beim Brückenneubau, aber auch für bereits vorhandene Bauwerke zum Einsatz kommen. Momentan testen die Dresdner Wissenschaftler die physikalisch-chemischen Wechselwirkungen zwischen Draht und Beton sowie die Reichweite der Überwachungstechnik.

Kunstvolle Überwachung

Eine völlig neue und vor allem ästhetische Smart-Home-Technologie entwickeln Designer der Universität der Künste derzeit mit Ingenieuren der Technischen Universität in Berlin. Sie haben intelligente Displays entworfen, die gleichzeitig organische Kunstobjekte sind. Über sogenannte dielektrische Elastomere, die wie elektrische Muskeln funktionieren, können sie sich bewegen. Das Display besteht aus verschiedenen Modulen, die Informationen aus dem Raum anzeigen. Dazu gehören zum Beispiel die Luftqualität und Temperatur, aber auch Gesundheitsdaten des Menschen, der sich im Raum bewegt, oder digitale Nachrichten wie Mails und Social-Media-Chats.

Gefaltetes, weißes Display
Aufschlussreiche Kunstobjekte: So kunstvoll gefaltet sind die smarten Displays, die diverse Informationen anzeigen sollen und sich mit Hilfe elektrischer Muskeln bewegen können. © UdK Berlin

Das smart3-Team hat bereits verschiedene Formen und Materialien für die Displays untersucht und mit dielektrischen Elastomeren in Bewegung versetzt. Als nächstes wollen sie die verschiedenen Module zu einem Display kombinieren und damit komplexe Bewegungsformen erreichen. Außerdem arbeiten die Wissenschaftler an Konzepten für die Interaktion des Nutzers mit dem ungewöhnlichen Display.

Nachhaltige Hilfe

Intelligente Materialien eignen sich jedoch nicht nur für die Überwachung und Unterhaltung, sondern auch zur medizinischen Versorgung. Das zeigen Ärzte und Materialwissenschaftler im smart3-Projekt EXTRAPLANT. Für die krankhafte Verengung der Luftröhre entwickeln sie smarte Stents, die dauerhaft im Körper bleiben können. Mehr als 11.000 Menschen erkranken jedes Jahr in Deutschland an dieser sogenannten Trachealstenose. Bisher bekommen die Patienten nur temporäre Stents oder Implantate eingesetzt.

Das EXTRAPLANT-Team plant stattdessen, die Luftröhre mit einer skelettartigen Stütze von außen zu stabilisieren, ohne dass dabei Flexibilität verloren geht. Erste Designstudien, biomechanische Versuche sowie Tests mit verschiedenen Materialien und Beschichtungen sind vielversprechend. Schaffen es die Implantate in die klinische Praxis, könnte Patienten mit einer Luftröhrenverengung sanfter und nachhaltiger geholfen werden.

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