Textil statt Stahl

Hochfeste Seile aus textilen Fasern sind flexibler und leichter als ihre stählernen Artgenossen und zugleich sehr leistungsfähig. Nach umfangreicher Forschung und Erprobung gelangen nun die ersten Faserseile aus Chemnitz in die Praxis.

Effizienter als Windräder: Flugwindkraftanlagen mit Drachen an hochfesten Faserseilen aus Chemnitz. (Foto: EnerKite GmbH)
Effizienter als Windräder: Flugwindkraftanlagen mit Drachen an hochfesten Faserseilen aus Chemnitz. © EnerKite GmbH

Mehrere hundert Meter hoch hängt der Drachen einer Flugwindkraftanlage an einem hochfesten Faserseil. Bei der Auf- und Ab-Bewegung des Drachens wird Energie gewonnen. Auf das dynamische Seilsystem muss dabei hundertprozentig Verlass sein. Es hat großen Kräften standzuhalten, gleichzeitig aber flexibel zu sein – genau das bieten die Chemnitzer Faserseile. Deshalb arbeiten die Ingenieure der InnoProfile-Transfer-Initiative „Technische Textilien – Textile Maschinenelemente“ mit der Brandenburgischen Firma EnerKite GmbH zusammen, die solche Anlagen entwickelt.

Das ist nur eines der spannenden Anwendungsbeispiele hochfester Faserseile, die auf dem Fachkolloquium „InnoZug“ zur Sprache kamen. Bereits zum zehnten Mal hatte das InnoProfile-Team an die Technische Universität Chemnitz geladen, und auch in diesem Jahr sind wieder mehr als 60 Fachleute aus ganz Deutschland gekommen.

Leichter radeln

Ingo Berbig und Dirk Fischer, die ebenfalls zum Chemnitzer Team gehören, hatten die Idee, Speichen im Fahrrad aus synthetischen Fasern statt aus Stahl zu fertigen. Mit der Unterstützung eines EXIST-Gründerstipendiums riefen sie die Firma „PiRope“ ins Leben und legten los. Die Versuche der Ingenieure haben bereits gezeigt, dass Faserspeichen zugfester und zugleich dehnungsfähiger sind als jene aus Stahl. Gleichzeitig sind sie sehr viel leichter. Die Gewichtsersparnis des Speichensystems beträgt rund 70 Prozent. Eine Herausforderung war es, eine stabile Verbindung zwischen Speiche und Felge zu schaffen und eine passende Radnabe für die Faserspeichen herzustellen. Auch das haben die Berbig und Fischer gemeistert und bereits einen Fahrrad-Prototypen mit den neuartigen Speichen gebaut.


 

Mehr transportieren

In einem Kooperationsprojekt mit der TU Bergakademie Freiberg werden die Chemnitzer Faserseile unter Tage getestet, weiterentwickelt und perspektivisch im Bergbau eingesetzt. Die Nachfrage der Unternehmen ist groß, denn durch leichte und feste Faserseile könnten die Nutzlasten maximiert werden. In derselben Zeit ließe sich mehr transportieren als mit Stahlseilen und damit die Effizienz beim Abbau von Rohstoffen erhöhen. So vorteilhaft das Faserseil für den Bergbau ist – auch durch seine Beständigkeit gegen Korrosion und Chemikalien – so fraglich ist noch, wie es sich bei extremen Temperaturschwankungen und hoher Feuchtigkeit im Bergwerk verhält. In der Lehr- und Forschungsgrube der TU Bergakademie Freiberg testen die Wissenschaftler die Seile deshalb unter realen Bedingungen.

Ob unter Tage, in der Luft oder auf der Straße – hochfeste Faserseile aus Chemnitz könnten künftig äußerst gefragt sein. Darin waren sich die Besucher des Kolloquiums einig.


Weitere Informationen zur InnoProfile-Transfer-Initiative Technische Textilien – Textile Maschinenelemente