Tuberkulose-Wirkstoff gewinnt Innovationspreis

Ein Forscherteam aus Jena und München will einen neuen Wirkstoff gegen Tuberkulose-Erreger gemeinsam mit einem Pharmaunternehmen aus Gera zum Medikament entwickeln. Dafür gab es jetzt den IQ Innovationspreis Mitteldeutschland 2019.

155 Teams hatten sich um die fünf Clusterpreise und den mit 15.000 Euro dotierten Gesamtpreis beworben. Am Ende überzeugten die Tuberkulose-Wirkstoff-Entwickler die Jury. Für ihre einzigartige Leistung bekamen sie den Gesamtpreis. Die Quelle ihrer Innovation ist eine Substanz namens BTZ-043, die am Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie (Leibniz-HKI) in Jena entdeckt worden war. BTZ hat einen völlig neuen Wirkmechanismus, der auch Tuberkulose-Erreger vernichtet, die gegen herkömmliche Antibiotika resistent sind. Solche Resistenzen werden bei der Behandlung von Tuberkulose-Patienten zunehmend zum Problem. Allein in Deutschland erkranken jährlich fast 6.000 Menschen an Tuberkulose. Weltweit sterben jedes Jahr 1,5 Millionen daran. Im Rahmen eines Projektes der Initiative „InfectControl 2020“ haben die Partner des Klinikums der Ludwig-Maximilians-Universität München den Wirkstoff bereits durch die klinische Prüfung Phase I gebracht. Phase II, bei der Tuberkulose-Patienten den Wirkstoff verabreicht bekommen, ist momentan in Vorbereitung. Sollte auch das erfolgreich sein, könnte in wenigen Jahren ein neues Antibiotikum gegen Tuberkulose auf den Markt kommen. Der etablierte Wirkstoffhersteller HAPILA GmbH in Gera kümmert sich derzeit um die Entwicklung des richtlinienkonformen Syntheseverfahrens und um den Herstellungsstandard für die neue Substanz.

Die glücklichen Preisträger des IQ Innovationspreises Mitteldeutschland 2019  lachen in die Kamera.
Die glücklichen Preisträger des IQ Innovationspreises Mitteldeutschland 2019 (v. r. n. l.): Dr. Florian Kloß, Projektkoordinator Leibniz-HKI Jena, Dr. Julia Dreisbach, Klinikum Ludwig-Maximilians-Universität München, Dr. Uwe Müller, Geschäftsführer HAPILA GmbH, Gera und sein Kollege Dr. Steffen Wittmann © Tom Schulz

Außergewöhnliche Forschung – beispielhafte Finanzierung

Dass die äußerst aufwendige und kostspielige Entwicklung eines neuen Antibiotikums mit öffentlichen Geldern finanziert wird, ist in Deutschland einzigartig. Neben dem Bundesforschungsministerium, das „InfectControl 2020“ im Rahmen des Programms „Zwanzig20“ fördert, sind auch das „Deutsche Zentrum für Infektionsforschung“ und das Land Thüringen finanziell beteiligt. Hinzu kommt das Engagement der Partner. So übernimmt das Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München als Sponsor die klinische Entwicklung des Wirkstoffs. Mit ihrer Entscheidung hat die hochkarätig besetzte Jury des IQ Innovationspreises Mitteldeutschland mit Experten aus Wirtschaft und Wissenschaft auch diese in Deutschland beispielhafte Initiative gewürdigt. „Dieser Preis ist wichtig, um Akteuren in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft alternative Entwicklungswege für dringend benötigte Medikamente aufzuzeigen“, sagt Dr. Florian Kloß, Projektkoordinator am Leibniz-HKI in Jena. Die meisten globalen Pharmaunternehmen haben sich aus dem wenig lukrativen Geschäft der Antibiotika-Entwicklung zurückgezogen. Gleichzeitig nehmen Resistenzen gegen Antibiotika weltweit zu. Deshalb sind öffentliche Finanzierungsmodelle, wie sie bei der Entwicklung des Wirkstoffs BTZ erstmals erfolgreich umgesetzt wurden, in Zukunft besonders gefragt.