Übertragung der Bergbau-DNA

Die „Ko-Innovationsplattform Industrieautomatisierung“ will fachspezifische Kenntnisse und Erfahrungen aus jahrhundertealter Bergbautradition in der Lausitz sammeln und für das digitale Zeitalter weiterentwickeln.

Die Menschen laufen in Scharen in den Film über den singenden Kohlebaggerfahrer Gerhard Gundermann; den Liedermacher aus Hoyerswerda, der aus Liebe zum Beruf nie seinen Job in den Tagebauen der Lausitz aufgab. „Es sind auch die beeindruckenden Bilder von der imposanten Fördertechnik, die die gewaltigen Erdmassen bewegt“, sagt Hans Rüdiger Lange und spricht davon, dass gerade die Lausitzer sich mit dieser Filmatmosphäre identifizieren. Was da an Arbeitsalltag in der Kohle gezeigt wird, sei für viele bis heute gelebte Realität. Und vor allem: Die Lausitzer sind Herr der Technik können mit ihr umgehen, kennen die Fördergiganten bis auf Herz und Nieren.

Foto Bagger
Das Wissen von Generationen steckt in dieser imposanten Fördertechnik. © Innovationsregion Lausitz GmbH

Wohin mit dem Wissen und den Erfahrungen, mit den praktischen Fähigkeiten, mit all den Kompetenzen in den Bereichen Maschinenbau, Bergbau und Automatisierung, wenn die Braunkohleförderung in der Lausitz eingestellt wird? Wenn es in Folge der Energiewende zu Nachfrageeinbrüchen an konventionellen Kraftwerksbauten kommt? Um Lösungen zu finden, gründeten Unternehmen aus der regionalen Wirtschaft und die Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg (BTU) 2016 die Innovationsregion Lausitz GmbH mit Hans Rüdiger Lange als Geschäftsführer. „Wir entwickeln Ideen und Strategien, wie die Lausitz ihren Strukturwandel aktiv gestalten kann. Und wir geben den Betrieben Hilfe zur Selbsthilfe beim Finden neuer Geschäftsfelder“, sagt Lange. Mit „wir“ meint er neben der BTU auch die Industrie und Handelskammer sowie die Handwerkskammer Cottbus, die Vereinigung der Unternehmensverbände Berlin und Brandenburg und die Wirtschaftsinitiative Lausitz e.V.

An der Schwelle zu Bergbau 4.0

Von diesem „wir“ zum „WIR! – Wandel durch Innovation in der Region“, einem Förderprogramm des Bundesforschungsministeriums, war es da nicht nur ein gedanklicher Katzensprung. „Erstmals vorgestellt wurde das neue Programm im Frühjahr 2017 in Bad Muskau, quasi gleich bei uns um die Ecke. Da waren wir natürlich vor Ort und nahmen den Anstoß für ein regionales Bündnis mit nach Hause“, erinnert sich Lange und erläutert die Kernidee: „Einerseits ist hier in der Bergbauregion eine detaillierte Prozesskenntnis zu Hause, andererseits stehen unsere typischen Branchen wie der Spezialmaschinenbau oder die Stahlindustrie erst am Anfang von Industrie 4.0. Wir wollen die hohe spezifische Fachkompetenz mit der nächsten Generation von Automatisierungstechnologien kombinieren.“

Branchenübergreifende Kooperationsmodelle

Das Bundesforschungsministerium fördert die Idee, die mittlerweile als „KOI – Ko-Innovationsplattform Industrieautomatisierung“ firmiert. Unter diesem Namen hat sich ein Bündnis von Produzenten und Entwicklern aus den Branchen Maschinenbau, Bergbau und Stahl, sowie aus der IKT-Branche und der Forschung zusammengefunden. Gerade erarbeitet es ein Konzept, um sich damit für eine weitere Förderung innerhalb des WIR!-Programms zu bewerben. „Unser Ziel ist eine qualitativ hohe Wertschöpfung aus den Traditionsbranchen der Region“, sagt Projektleiter Lange und erklärt, dass die „Ko-Innovationsplattform Industrieautomatisierung“ im Wesentlichen zwei Ziele hat: „Wir wollen den Betrieben der Bergbaubranche den Eintritt in das digitale Zeitalter erleichtern und das in der Region vorhandene Innovationspotenzial durch die Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen, Instituten und Start-ups von außerhalb auf eine höhere Stufe stellen. Neue Kooperationsmodelle werden uns auch neue Märkte eröffnen.“ Hans Rüdiger Lange hat dabei durchaus die Weltmärkte im Blick. Nicht nur im internationalen Bergbau, insbesondere auch bei der Förderung und dem Transport unterschiedlichster Stoffströme seien modernste Technik und Betriebserfahrung gefragt.

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