Von Mikro zu Makro

Welches Potenzial liegt an der Schnittstelle von Präzisionstechnik, Maschinenbau, Fertigungstechnik, Informatik, Optik und Photonik? Welche Erkenntnisse und Prozesse wären übertragbar? Für spannende Ideen bietet DigiTrans in Jena ein Forum.

Haben die Unternehmen des Maschinen- und Anlagenbaus einen Bedarf an modernen, genaueren, schnelleren – also einfach effizienteren – Methoden, um zum Beispiel den Rundlauf der zentralen Welle in einer Drehmaschine präzise zu messen, zu warten und zu garantieren?

Mikropräzisionstechnik
Wie kann das Know-how der Präzisionstechnik Produktivität und Qualitätssicherung im Maschinenbau verbessern – das ist ein Schwerpunkt von DigiTrans. © Fotolia – Pixel_B 

Oder noch weitblickender gefragt: Wie können beim Bau riesiger Schiffsdieselmotoren der Antriebsstrang und die Getriebeelemente so passgenau und präzise eingesetzt werden, dass lange aufwändige Probeläufe durch „Trial and Error“ vermieden werden? Mit Hilfe von optischen Messverfahren, die bisher nur in der Mikropräzisionstechnik eingesetzt wurden?

Wie das Kleine ins Große kommen könnte, ist eine zentrale Frage des Innovationsforums Mittelstand DigiTrans.

Was sagen die Großen?

Großmaschinenbauer in Deutschland bauen Antriebswellen, die mit einer durchschnittlichen Drehzahl von 3.000 Umdrehungen pro Minute im Normalbetrieb laufen. Wichtig dabei ist der präzise Rundlauf dieses Teils, akzeptiert werden Abweichungen von maximal 20 bis 30 Mikrometer. In der Praxis hielten teilweise unter 10 Prozent der geprüften Maschinen diese Toleranzen ein.

Es geht also besser?

Ins Spiel wurde das sogenannte Justierdrehen gebracht, das heute ein fester Arbeitsprozess in der Mikrooptik, beispielsweise beim Herstellen kleinster optischer Linsen, ist. Die dabei akzeptierte Toleranz liegt bei nur 2 bis 5 Mikrometer. Macht es also Sinn, diese Technologie aus dem Miniformat in den Großmaschinenbau zu übertragen? Bei Beibehaltung dieser minimalen Toleranzen?

Der Workshop zeigte: Es gibt offensichtlich kaum Kommunikationsbrücken von „Mikro zu Makro“. Die großen und kleineren Maschinen- und Anlagenbauer vertrauen ihren etablierten weiterentwickelten technologischen Abläufen, auch wenn sie manchmal darüber verzweifeln. Aber vielleicht ist jetzt der genau richtige Zeitpunkt, den Mut aufzubringen, um diese Brücken neu zu bauen?

Roboterarme in Fabrikhalle
Der Transfer von Mikro zu Makro kann die hochpräzise Fertigung optimieren.  © Fotolia – Nataliya Hora

Jena steht am Start

Kerstin Rötzler von der Friedrich-Schiller-Universität Jena und Fritz Richter aus Rudolstadt machten ihre Kompetenz deutlich. Ihre Überzeugung: Nach dem Innovationsforum beginnt jetzt die spannende Arbeit erst richtig. Die besten Ideen sollen auf einer gemeinsamen Plattform nicht wissenschaftsphilosophisch durchleuchtet, sondern intensiv und realitätsbezogen mit maßgebenden Wissenschaftlern und Unternehmen aus ganz Deutschland diskutiert, erprobt und in die Praxis überführt werden.

Kann das ein Geschäft werden?

Natürlich wollen Unternehmer wissen, was eine Innovation ihnen ganz genau bringen wird. Mehr Know-how? Mehr Umsatz? Mehr Qualität? Mehr Effizienz? Verschiedene Geschäftsideen sind vorstellbar. Das Projekt „Nucleus Jena“ setzt dabei unter anderem auf neue örtliche Dienstleistungen, basierend auf standortbezogenen digitalen Informationen für neue automatisierte Prozesse in den Firmen. Andrea Koertvelyessy von JenOptik gab sich überzeugt, dass etablierte Lasertechnologien bald Anwendung finden können in Dreh-, Fräs- und Schleifmaschinen, um sie so noch genauer und komplexer zu gestalten.

Insgesamt 17 Workshops mit breiter Themenvielfalt, von Mensch-Maschine-Interaktion über Quantentechnologie bis hin zu Smart Contracts, boten viel Raum für Gespräche und Diskussionen. Und vor allem viel Inspiration für alle Macher und Mitmacher.