Von Mikro zu Mikro-Nano – winzige Technologien mit großem Potential

Die Mikrotechnik hat längst Einzug gehalten in der Industrie und im Alltag. Nanotechnologien hingegen werden zwar seit vielen Jahren erforscht, aber außerhalb der Mikroelektronik bisher kaum angewendet. Die Integration von Nanostrukturen in Mikrosysteme ist eine der großen Herausforderungen für die Zukunft. Deshalb widmete sich jetzt ein Workshop in Erfurt diesem aktuellen Thema. Der Fachausschuss MikroNano-Integration der VDE/VDI-Gesellschaft Mikroelektronik, Mikro- und Feinwerktechnik (GMM) hatte dazu namhafte Experten eingeladen. Prof. Martin Hoffmann, Sprecher des ZIK MacroNano® der TU Ilmenau, leitet den Ausschuss derzeit.

Rege Beteiligung am Workshop „MikroNano-Integration“ in Erfurt.

90 Vertreter aus Wirtschaft und Wissenschaft trafen sich zum Erfahrungsaustausch, unter ihnen auch Forscher von MacroNano®.  „Das Thema ist nicht nur für große Konzerne, sondern auch für kleine und mittelständische Unternehmen von großer Bedeutung“, betonte Prof. Hoffmann. Deshalb sollen die Forschungsergebnisse so schnell wie möglich in marktfähige Produkte überführt werden. Doch welche industriell nutzbaren Verfahren zur Erzeugung von Nanostrukturen in Mikrosystemen gibt es?

Prof. Eberhard Manske von der TU Ilmenau präsentierte erstmals ein leistungsfähiges Werkzeug für die Mikro-Nano-Integration, dass er gemeinsam mit der SIOS Messtechnik GmbH, Ilmenau entwickelt hat: die Nanopositionier- und Nanomessmaschine zur Herstellung und zur Kontrolle von Nanostrukturen in Mikrosystemen. Die Maschine ist ein Paradebeispiel für MacroNano®: eine makroskopische Maschine, die Nanostrukturen mit Sub-Nanometer-Genauigkeit misst. Gegenwärtig sind damit Messungen in einem Volumen von 25 mm x 25 mm x 5 mm mit einer Auflösung von 0.1 nm realisierbar. Dies ist ein wichtiger Beitrag für die 3D-Nanostrukturierung, die in der 2. Phase des ZIK MacroNano® das Kernthema einer neuen Nachwuchsgruppe bildet. 

Katharina Lilienthal, ebenfalls von MacroNano® Ilmenau, stellte dazu ein neues Verfahren zur Übertragung geometrischer Informationen und definierter Strukturen vor. Es soll für Micro-Elektro-Mechanische Systeme (MEMS), Micro-Optische-Mechanische Systeme (MOMS) und BioMEMS in Glas angewendet werden. Die Technik basiert auf der Selbstorganisation von Nanostrukturen, wie z.B. bei „Black Silicon“. Dies ist eine Oberflächenmodifikation des kristallinen Siliziums mit Hilfe von Nadeln in der Größenordnung weniger Mikrometer. Aufgrund der starken Lichtabsorption wird eine optisch tiefschwarze Siliziumoberfläche erzeugt. „Die erfolgreiche Übertragung der Technologieprinzipien des Black Silicon als selbstorganisierte Nanostruktur auf Kieselglas ermöglicht eine unkomplizierte Integration in etablierte Technologieketten“, erläuterte Lilienthal. Die Verbindungsverfahren mittels Mikronadeln eröffneten eine elegante Möglichkeit, um Wafer oder funktionelle Teile eines Systems bei moderaten Temperaturen und geringen Fügekräften mit anderen Materialien wie Polymeren, Keramiken oder sich selbst in multifunktionalen Systemen zu verbinden. Aufgrund vieler Variationsmöglichkeiten hinsichtlich der Dichte und Form könnten solche Materialsysteme aus Kieselglas ein weites und zukunftsweisendes Anwendungsgebiet eröffnen. Dazu gehört die Aufbau- und Verbindungstechnologie ebenso wie der Einsatz von nanostrukturiertem Glas in Life Sciences Anwendungen.

Prof. Eberhard Manske vom ZIK MacroNano® stellt die Nanopositionier- und Nanomessmaschine vor.

Ein anderes Beispiel für die Handhabung von Nanostrukturen stellte Volkmar Eichborn von der Abteilung für Mikrorobotik und Regelungstechnik der Universität Oldenburg vor. So könnten Roboter-Basierte Systeme in die Vakuumkammern von Rasterelektronenmikroskopen integriert werden. Mikrostrukturierte Greifer würden eine reproduzierbare Manipulation ermöglichen.

Über statische und dynamische Prüfverfahren zur Untersuchung von Silizium-Nano-Klettverschlüssen referierte Mike Stubenrauch vom Institut für Mikro- und Nanotechnologien (IMN) MacroNano® an der TU Ilmenau. Als Klettverschluss bezeichnet man die Kontaktierung gleichartig nanostrukturierter Flächen. Messungen ergaben, dass mit Hilfe von Klettverschlüssen der Nanoskala sehr hohe statische Festigkeiten und eine Wechselbelastungsfestigkeit von bis zu 30 Millionen Zyklen bei 80 Prozent der statischen Festigkeit realisierbar sind. „Diese Werte ermöglichen einen breiten Einsatz des Nanoklettverschlusses in der Aufbau- und Verbindungstechnik“, meinte Stubenrauch optimistisch. Nach dem derzeitigen Erkenntnisstand könne von einer Dauerfestigkeit der Verbindungsstellen ausgegangen werden.

Nanostrukturierte Thermoelektrika waren das Thema von Prof. Kornelius Nielsch von Institut für Angewandte Physik der Universität Hamburg. Nielsch ist auch Leiter des gleichnamigen Schwerpunktprogramms der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Thermoelektrika sind Materialien, die entweder Wärme in elektrische Energie verwandeln oder mit elektrischer Energie Wärme transportieren und zur Kühlung eingesetzt werden können. Sie werden allerdings erst für eine breitere Anwendung interessant, wenn die Effizienz der Energieumwandlung mit nanotechnologischen Methoden gesteigert werden kann. Dann könnte sehr viel Primärenergie gespart werden. Abwärme jeder Art ließe sich effizient in elektrische Energie umwandeln – im Auto, in der Industrie aber auch im Haushalt.

Damit diese und viele andere Visionen realisiert werden können, arbeiten die Wissenschaftler weiter daran, Nanotechnologien in Mikrosysteme zu integrieren und diese in industrielle Anwendungen zu bringen. In Kürze wird ein Kompetenz-Wiki-System online gehen, dass viele interessante Facetten der Mikro-Nano-Integration aufzeigt und vom Fachausschuss betreut wird. Es wird unter http://www.mikro-nano-integration.de/ zu erreichen sein.



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