„Wir stärken die Marke Leichtbau“

Neuer Leiter des Forschungsbereiches „Polymermaterialien und Composite PYCO“ am Fraunhofer IAP ist Holger Seidlitz. Er bringt Kompetenzen aus seiner Stiftungsprofessur „Leichtbau mit strukturierten Werkstoffen“ an der BTU und ein großes regionales Netzwerk mit.

Eine gute Weitsicht hat Holger Seidlitz von der Baustelle seines künftigen Büros aus. Gute Aussichten eröffnen sich auch seinem Blick auf den weiteren Berufsweg. 2015 trat er an der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg (BTU) die Stiftungsprofessur „Leichtbau mit strukturierten Werkstoffen“ an – finanziert von Unternehmen aus der Lausitz und gefördert vom Bundesforschungsministerium. Am 1. August begann für den 38-Jährigen ein neues Berufskapitel: In Verbindung mit der Leitung des Forschungsbereiches „Polymermaterialien und Composite PYCO“ in Wildau besetzt er die Professur „Polymerbasierter Leichtbau“ – eine gemeinsame Berufung der BTU und des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Polymerforschung IAP.

Geschlossene Wertschöpfungskette

PYCO-Leiter Prof. Dr. Holger Seidlitz steht in seinem künftigen Büro im PYCO-Neubau in Wildau.
PYCO-Leiter Holger Seidlitz steht in seinem künftigen Büro im PYCO-Neubau in Wildau. © PRpetuum GmbH

Am Beginn dieses neuen Berufs- wie Lebensabschnittes stehen sinnbildlich auch zwei Neubauten. In Cottbus platzt das interdisziplinäre Forschungszentrum für Leichtbauwerkstoffe „Panta Rhei“ aus allen Nähten. Der Bau einer neuen Laborhalle ist nötig: wohl auch, weil Holger Seidlitz und seine Forschungsgruppe exzellente Arbeit leisten. Über sechs Millionen Euro Drittmittel hat das Team eingeworben. Fachliche Kompetenz in Sachen Leichtbau und modernste Anlagen im Wert von über zwei Millionen Euro kann die BTU den Unternehmen der Region für technische Versuche zur Verfügung stellen. „Panta Rhei“ – „alles fließt“ bis nach Wildau bei Berlin. Holger Seidlitz benutzt gern das Bild eines Faserverbundes, wenn er von dem Alleinstellungsmerkmal durch den neuen Verbund der Forschungsbereiche „Leichtbau mit strukturierten Werkstoffen“ in Cottbus und „Polymermaterialien und Composite“ in Wildau spricht. „Wir stärken die Marke ,Leichtbau‘ und können hier in Brandenburg eine geschlossene Wertschöpfungskette abbilden – von der Entwicklung bis zum Bauteil alles aus einer Hand.“

Leichtbau-Brücke in die Lausitz

Vor zehn Jahren wurde in unmittelbarer Nähe zur Technischen Hochschule in Wildau das Technikum des PYCO errichtet. Über den Labormaßstab hinaus wird hier an industrienahen Anlagen die Entwicklung hochvernetzter Polymere für den Leichtbau betrieben. In den angrenzenden Neubau ziehen Mitte des nächsten Jahres die übrigen Labore und Büroräume aus dem bisherigen PYCO-Sitz in Teltow um. Es sei zu merken, dass Brandenburg in seinem Strukturwandel die Aufmerksamkeit zunehmend auf den Zukunftsmarkt Leichtbau richtet, freut sich der frisch berufene Professor. In dessen Fokus gerät nun die Entwicklung noch leichterer Werkstoffe auf Basis von Faser-Kunststoff-Verbunden, die Masse einsparen und neue Anwendungen ermöglichen.

„Entwicklungstreiber ist die Industrie“, sagt Seidlitz. Eine sowohl inhaltliche wie auch lokale Nähe hat das Thema Leichtbau zum Flugzeugbau. In Wildau ist das „Zentrum für Luft und Raumfahrt Schönefelder Kreuz“ angesiedelt. Auf die Frage, ob der Flugzeugbau bezüglich der Klimaveränderungen eine Zukunft habe, antwortet Seidlitz mit einem deutlichen „Ja“. Neue Composite-Materialien würden den Anforderungen an eine kostengünstigere Produktion mit guter Ökobilanz sowie an bessere mechanische Eigenschaften der Bauteile gerecht . „Durch den Einsatz von kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff“, so Holger Seidlitz, „können bis zu 30 Prozent an Gewicht und 200 Liter Treibstoff pro Kilogramm eingespart werden.“ Zudem hätten Bauteile aus leichteren Materialien seit 1972 zu einer Verdreifachung der Reichweite beigetragen, sagt der studierte Maschinenbauer. Als Leiter des PYCO und als Professor an der BTU will er vom Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung eine Brücke in die Lausitz schlagen. Für die Unternehmen der Region wie auch für die Studierenden sei dann noch viel mehr möglich.