Zauberwort Cross-Industry-Innovation
Über den Tellerrand zu schauen, lohnt sich: Was andere Unternehmen bereits erfolgreich umgesetzt haben, lässt sich auf die eigene Branche übertragen. Noch geschieht dieser Transfer häufig zufällig. Das soll sich ändern – auch in der Medizintechnik.
Wie treibt man Innovationen gezielt voran? Und wie gelingt dies Unternehmen in einer spezialisierten Branche, die sich vor allem im Business-to-Business-Markt bewegt? Eine Plattform für den Erfahrungsaustausch zwischen Unternehmen, Hochschulen und der Forschung bietet das Innovationsforum „CIP-MED – Cross-Industrie-Plattform zur Personalisierungsstrategie mit Fokus auf der Medizintechnik). Nicht länger den Zufall über Ideen entscheiden zu lassen, sondern systematisch Cross Innovation zu betreiben, das war für Günther Würtz vom Steinbeis-Innovationszentrum Innovation Engineering Startpunkt für das Projekt.
Im Raum Tuttlingen haben sich über 400 Unternehmen der Medizintechnik angesiedelt, deswegen ist die Region auch als „Medical Valley“ bekannt. Obwohl das Gütesiegel „Made in Germany“ als Qualitätsmerkmal gilt, übt der internationale Wettbewerb Druck auf die Unternehmen aus. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen sich diese weiterentwickeln und neue Produkte sowie Technologien auf den Markt bringen.
Wie geht Cross-Industry-Innovation?
Zwei verschiedene Ansätze beschreiben das Prinzip der Cross Industry Innovation. Einerseits können Unternehmen Lösungen aus anderen Branchen auf den bestehenden Markt übertragen (Outside-In-Ansatz), beispielsweise weil das Fachwissen im eigenen Betrieb nicht ausreichend vorhanden ist. Andererseits können sie eigenes Know-how dazu nutzen, neue Anwendungsgebiete für ein Produkt oder einen Prozess zu finden (Inside-Out-Ansatz). Am häufigsten machen Unternehmen Gebrauch vom Outside-In-Ansatz und integrieren damit branchenfremde Technologien in das eigene Unternehmen. Für die erfolgreiche Umsetzung dieser Methoden gilt es, auch außerhalb der eigenen Industrie Partnerschaften für Kooperationen einzugehen und Produkte auf neuen Märkten anzubieten.
...und wie sieht das in der Praxis aus?
Viele KMU stehen hier noch am Anfang einer strategischen Innovationsentwicklung. Eine Art Ideenschmiede betreibt zum Beispiel Rudolf Medical, ein Hersteller von medizinischen Scheren: Als „Team Rudi“ versammeln sich alle Mitarbeiter unter 30 Jahren und mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung jede Woche, um gemeinsam kreativ zu sein. So können die Nachwuchskräfte entscheidend an der Entwicklung neuer Märkte, innovativer Produkte und Lösungen ihrer Firma mitwirken. Erste nicht-medizintechnische Vorschläge werden derzeit geprüft.
Wer kein eigenes Innovationsmanagement hat, holt sich Unterstützung von außen. Berater zeigen Wege auf, systematisch neue Produkte zu entwickeln und neue Anwendungsbereiche für bestehende Lösungen zu finden. Dabei kommen auch ungewöhnliche Methoden zum Einsatz, wie Zeynep Yaman von TIM Consulting berichtet. Beispielsweise die Bildersuche bei Google und Pinterest oder Recherchen in sozialen Netzwerken, aber auch klassische Quellen wie eine Patentsuche zählen dazu.
Die Plattform exisitiert!
Wie interdisziplinäre Zusammenarbeit gelingen und dadurch innovative Technologien entstehen können, zeigt der BMBF-Forschungscampus „M2OLIE“: Dort erforscht ein Team von Ingenieuren, Industriepartnern und Medizinern automatisierte Prozesse in Kliniken. Die Vision: Bei der Behandlung von Tumorerkrankungen soll in Echtzeit die Wirkung einer Therapie auf einzelne Zellen beobachtet werden. So könnten Behandlungen in kürzester Zeit gezielt auf ihre Wirksamkeit überprüft werden.
Die Strategie hinter CIP-Med: Erfahrungen austauschen, sich untereinander vernetzen, Partnerschaften auch zu branchenfremden Unternehmen aufbauen und Innovationen systematisch vorantreiben – die Plattform dafür existiert nun bereits.