Zinkfraß durch Zucker und Instrumente aus dem Drucker : Datum:
Kann zuckerreiche Nahrung zu Materialproblemen bei Blasinstrumenten führen? Und wie lassen sich junge Menschen für den vogtländischen Musikinstrumentenbau begeistern? All diesen Fragen widmete sich der aktuelle Workshop des WIR!-Bündnisses "iMaTech".
Die mittelständischen Musikinstrumentenbauer im Vogtland stehen vor großen Herausforderungen. Zum einen fehlt es ihnen an Fachkräften und Nachwuchs, zum anderen müssen die Unternehmer über Alternativen zu traditionellen Materialien nachdenken, die sie für den Bau ihrer Instrumente verwenden. Immer mehr Hölzer von bedrohten Bäumen stehen auf der Artenschutzliste. Neben seltenen tropischen Hölzern gehören dazu inzwischen die ersten Ahornarten.
Diese Hölzer sind für den Instrumentenbau tabu, genauso wie einige Metalle, zu denen Blei und Nickel gehören. Hinzu kommen Probleme mit vielgenutzten Materialien wie Messing. Kerstin Voigt, Inhaberin der Meisterwerkstatt für Metallblasinstrumente Jürgen Voigt in Markneukirchen berichtet vom sogenannten Zinkfraß. „Selbst bei relativ neuen Instrumenten bilden sich rote Punkte auf der Oberfläche durch die Ausdampfung von Zink. Der Aufwand für die Reparatur oder den Ersatz der Instrumente ist immens, hinzu kommt der Imageschaden für die Hersteller.“ Im Rahmen des WIR!-Bündnisses iMaTech geht Kerstin Voigts Familienunternehmen gemeinsam mit Forschenden der TU Bergakademie Freiberg dem Problem auf den Grund. Eine mögliche Ursache könnte die Ernährung der Spieler und insbesondere Zucker sein, von dem unsere Nahrung immer größere Mengen enthält. Aber auch die Zusammensetzung der Legierung und punktuelle Mikrorisse, die bei Umformungsprozessen zur Herstellung des Instruments entstehen können, verursachen Zinkfraß. Da das Problem in den letzten 20 Jahren zugenommen hat, will das Forschungsteam auch die Zusammensetzung älterer Legierungen untersuchen, die möglicherweise resistenter waren. Gefördert wird das Bündnis aus dem Programm „WIR! – Wandel durch Innovation in der Region“ des Bundesforschungsministeriums.
Neue Technologien und strategische Konzepte
Musikinstrumente aus dem 3D-Drucker? Möglich ist das, auch wenn die Klangqualität mit der von traditionell hergestellten Instrumenten bisher nicht mithalten kann. Doch mit Hilfe des 3D-Drucks können komplexe Bauteile individueller, schneller und flexibler produziert werden. Im Rahmen von „iMaTech“ testet die Firma Berdani aus Markneukirchen, die Zubehör für Streichinstrumente herstellt, gemeinsam mit der TU Bergakademie Freiberg die technischen Möglichkeiten und die Wirtschaftlichkeit des 3D-Drucks im Instrumentenbau. Beispielhaft haben sie dafür metallische Zubehörteile von Geigen wie Kinnhalter oder Feinstimmer ausgewählt. Um weiterhin Musikinstrumente hoher Qualität im Vogtland produzieren zu können, sind neben neuen Technologien und Materialien aber auch Fachleute gefragt. In dem Bündnis-Projekt „Bildung & Lifestyle“ entwickeln Wirtschaftswissenschaftler und Wirtschaftswissenschaftlerinnen der Westsächsischen Hochschule Zwickau Konzepte, um Schüler und Studenten für den Musikinstrumentenbau zu begeistern und die Region attraktiver zu gestalten, damit Fachkräfte bleiben oder ins Vogtland kommen. Virtuelle Praktika und studentische Projekte im Musikinstrumentenbau gehören zu den Ideen oder auch ein Abend der Offenen Unternehmen sowie regelmäßige Musikveranstaltungen in der Stadt, um Musik das ganze Jahr über erlebbar zu machen.
Mit einem interaktiven Online-Tool konnten die Teilnehmer des Workshops live über die Konzepte abstimmen und diskutieren. Dabei zeigte sich zum einen die Begeisterung dafür und zum anderen die Bereitschaft, die Projekte tatkräftig zu unterstützen. In einem Punkt war sich die Mehrheit der Bündnispartner von „iMaTech“ einig: Ihr gemeinsames, langfristiges Ziel ist es, ein Kompetenzzentrum für Musikinstrumentenbau in der Region zu schaffen, in dem Bildung, Forschung und Dienstleistungen gebündelt sind. Auf diese Weise sollen die Arbeit des WIR!-Bündnisses verstetigt und die Bedeutung des Vogtlandes als Zentrum des Musikinstrumentenbaus auch künftig gestärkt werden.