Schwarmintelligenz auf dem Acker : Datum:
Statt mit sehr großen, von Menschen gesteuerten Landmaschinen die Felder zu bearbeiten, setzt das sächsisch-thüringische RUBIN-Bündnis Feldschwarm ÖkoSystem auf kleine, selbstfahrende Maschinenschwärme. Und das nicht nur, weil es effizienter und kostensparender ist.

Wenn viele kleinere Maschinen gemeinsam die Feldarbeit erledigen, schont das den Acker und erhöht dadurch die Erträge. Denn große, schwere Maschinen verdichten den Boden und verhindern dadurch die Wasseraufnahme, was das Pflanzenwachstum verschlechtert. Gleichzeitig spart ein selbstständig arbeitender Maschinenschwarm Arbeitskräfte und kann mehr Fläche in der gleichen Zeit bearbeiten. Angesichts des Nachwuchsmangels in der Landwirtschaft und des aufgrund der wachsenden Weltbevölkerung steigenden Bedarfs an Agrarprodukten ist das eine gute Aussicht. Autonome Systeme für die Landwirtschaft sind bereits auf dem Markt, wie eine aktuelle Studie des RUBIN-Bündnisses zeigt. Doch das Konzept eines ganzen Schwarmes von Landmaschinen, der gemeinsam und teilautonom ein Feld bearbeitet, ist bisher einzigartig. Teilautonom bedeutet, dass alle Arbeiten immer noch von Menschen überwacht werden. Um diese Idee umzusetzen, kooperieren bei RUBIN Ingenieurinnen und Ingenieure, Landmaschinenhersteller und Softwareentwickler.
Ein System für alle
Noch steht das Feldschwarm-Team vor einigen Herausforderungen. Die einzelnen Maschinen, oft von verschiedenen Herstellern, müssen über ein System miteinander kommunizieren können. Genau daran arbeitet eine Projektgruppe des RUBIN-Bündnisses. Mithilfe eines 3D-Programms simulieren die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, wie verschiedene Maschinen gemeinsam den Acker bearbeiten. Am Bildschirm beobachten sie, wie die Testfahrten verlaufen. So können sie frühzeitig Fehler in der Software erkennen und beheben. Wichtig ist, dass die Landmaschinen die Spur halten und die Arbeit in hoher Qualität erledigen. Mithilfe vorprogrammierter Sicherheitszonen wollen die Entwicklerinnen und Entwickler Zusammenstöße zwischen Maschinen, aber auch mit Menschen verhindern. Eine Bedienoberfläche für das Programm zum automatisierten Schwarmfahren gibt es bereits. Nun entwirft das Projektteam eine Applikation, die alles vereint: Geodaten, Maschinen, Geräte und Arbeitsprozesse. Damit sollen Nutzerinnen und Nutzer die Fläche des Arbeitseinsatzes, die Maschinen und Arbeitsschritte genau planen können. Die automatisierten Fahrten lassen sich dann über die App live beobachten und bei Bedarf kann eingegriffen werden.
Unterstützung aus der Luft
Damit die Maschinenschwärme sicher arbeiten, sollen sie von Drohnen unterstützt werden. Ein RUBIN-Team hat auf der Basis einer kommerziellen Drohne ein eigenes System entwickelt, in das sogar Computer zur Steuerung integriert werden können. Eine passende Plattform, die auf Traktoren befestigt werden kann, dient zum Starten, Landen und Aufladen der Drohnen. Um das Arbeitsumfeld immer genau im Blick zu haben und Hindernisse erkennen zu können, soll die Drohne Künstliche Intelligenz (KI) nutzen. Dafür entwickelt die Arbeitsgruppe ein eigenes KI-Modell zur Objekterkennung.

Detaillierte Planung und korrekte Umsetzung
Ob Pflügen oder Säen, Jäten oder Ernten – die vermeintlich einfachen Arbeitsprozesse in der Landwirtschaft sind äußerst komplex. Eine genaue Planung ist deshalb auch für die automatisierte Bodenbearbeitung wichtig. Jeder Prozess erfordert ein anderes Arbeitsgerät wie einen Pflug, eine Sämaschine oder einen Düngerstreuer, welches je nach Bedarf an das Zugfahrzeug angehängt wird. Ohne den Menschen müssen die beiden, also beispielweise Traktor und Pflug, eigenständig miteinander kommunizieren. Eine RUBIN-Arbeitsgruppe der Technischen Universität Dresden hat einen speziellen Anbaugeräterahmen für Zugfahrzeuge entwickelt. Damit und mit dem sogenannten Tractor Implement Management (TIM) kann das jeweilige Arbeitsgerät bestimmte Funktionen des Zugfahrzeuges oder eines herkömmlichen Traktors steuern und die programmierten Arbeitsschritte selbstständig ausführen. Ein Team des Fraunhofer-Instituts für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik hat zudem Sensoren und Aktoren für das Arbeitsgerät gebaut, die während der Feldarbeit auftretende Blockaden erkennen und den Menschen informieren, der sie sofort beheben kann. So gibt es keine Verzögerungen im Arbeitsablauf.
Es sind viele kleine, aber wichtige Schritte, die das RUBIN-Bündnis Feldschwarm ÖkoSystem seit dem Start 2023 gegangen ist. Aufbauend auf den Ergebnissen eines vorangegangenen Wachstumskerns zum selben Thema wollen die Beteiligten des Bündnisses in wenigen Jahren ihr Ziel erreichen und einen teilautonomen Landmaschinen-Schwarm zur Arbeit aufs Feld schicken.