WIR!-Bündnis holt Nachhaltigkeitspreis in Italien
Mit Künstlicher Intelligenz in der Landwirtschaft hat ArtiFARM die italienische Jury überzeugt und den renommierten Digital360 Innovation Award gewonnen. Wie das gelingen konnte, fragen wir Martin Schult. Er arbeitet bei der Boereus GmbH – einem zentralen Partner des WIR!-Bündnisses.
Herzlichen Glückwunsch! ArtiFARM hat sich gemeinsam mit der Boreus GmbH gegen 1.500 Konkurrenzprojekte durchgesetzt und den Digital360 Innovation Award in Italien gewonnen. Wofür genau?
Martin Schult: Vielen Dank! Im Rahmen der Digital360 Innovation Awards 2023, einer der wichtigsten Wettbewerbe für digitale Innovation in Italien, haben wir den „Sonderpreis für Nachhaltigkeit“ gewonnen. Unser Projekt „BigData4ArtIFARM“ wurde dafür ausgezeichnet, dass wir mit Hilfe Künstlicher Intelligenz, Prozesse in der Landwirtschaft deutlich effizienter und nachhaltiger gestalten.
Aufbauen können wir dabei auf den schon heute vorhandenen Daten, die in der Landwirtschaft erfasst werden. Sie entstehen beim Einsatz verschiedener Ressourcen wie Energie, Saatgut, Wasser, Düngemittel oder Futtermittel im Stall – aber auch bei dem digital dokumentierten Einsatz von Arbeitskraft und Technik. Das zentrale Problem: die Daten werden bisher nur getrennt voneinander erfasst und genutzt.
Deshalb werden wir diese Daten zusammenführen und eine eigene Datensammlung, die wir Data Lake nennen, entwickeln. Sie füllen wir permanent mit aktuellen Daten vom Hof, vom Feld und aus dem Stall. Zudem ergänzen wir mit externen Datenlieferungen von Lieferanten, Wetterstationen, Behörden und weiteren Quellen. Diese Daten bilden künftig die Grundlage für die von uns entwickelte Künstliche Intelligenz (KI). Mir ihr wollen wir negative Folgen der Landwirtschaft für Tier, Mensch und Umwelt deutlich verringern. Also auf gut Deutsch: weniger Verbrauch von Wasser, Düngemitteln, Pestiziden und Fungiziden auf dem Feld sowie Arzneimitteln in der Tierhaltung.
Damit bedienen wir klar das herausgestellte Innovationsfeld des WIR!-Bündnisses ArtIFARM: Technologien für mehr Ressourceneffizienz. Aber auch innovative Ideen für andere Anwendungen im Bündnis sind entscheidend, z. B. digitales Agrarmanagement & digitale Lösungen für transparente landwirtschaftliche Prozesse.
Was unterscheidet Ihren Ansatz/Ihre Technologie von anderen? Was macht sie besonders?
Martin Schult: Unser Innovationsgedanke ist der Aufbau der eben beschriebenen gemeinsamen Datenbasis, also unser neuer Data Lake, aus verschiedensten öffentlichen und nicht-öffentlichen Quellen. Bisher steht uns diese Basis in der Landwirtschaft noch nicht zur Verfügung. Die Daten aus den unterschiedlichen Quellen braucht die KI, um ihre neue Qualität auszuspielen. Nur durch diese große Datenmenge kann die KI Probleme lösen und dazu lernen. Eine solche Datenbasis ermöglicht aber auch die Weiterentwicklung durch Forschungsdaten und neue KI-Anwendungen.
Bisherige Ansätze waren auf einzelne Teilbereiche oder Hersteller von Maschinen beschränkt. Dies hat zu einer Vielzahl von Anwendungen geführt, die unterschiedliche Daten und Formate verwenden und nicht für eine praxisnahe KI-Unterstützung geeignet sind. Dazu fehlte schlicht und ergreifend eine ausreichend große und vor allen Dingen gemeinsame Datenbasis.
Aktuelle Forschungsergebnisse fließen bereits jetzt in den im Aufbau befindlichen Data Lake und ermöglichen neuartige Verknüpfungen der Daten – u. a. realisieren wir den Verschnitt mit Daten von Maschinen der großen Hersteller oder neue Auflösungen von Geo- und Bilddaten mit Hilfe von Drohne und Satellit.
Welche Rolle spielt das WIR!-Bündnis ARTIFARM dabei?
Martin Schult: Die WIR!- Förderung und die durch ArtIFARM neu etablierte Partnerstruktur haben unser Innovationsprojekt erst ermöglicht. So vernetzten sich im Bündnis verschiedene Beteiligte aus Forschung und Wirtschaft in der Region Vorpommern.
Besonders interessant für uns ist dabei die Vielfalt der Forschungsgebiete mit Bezug zur Landwirtschaft. Durch sie können wir unterschiedlichste Forschungsergebnisse in gemeinsamen Projekten wie dem Data Lake zusammenführen.
Echt positiv ist zudem die enge Zusammenarbeit der Bündnispartner. Durch die Kooperationen mit Landwirtinnen und Landwirten können wir in jedem Teilprojekt praxisrelevante und bedarfsgerechte Vorhaben realisieren.
Ein weiterer Vorteil: Indem wir verschiedene Daten aus den Forschungsprojekten und öffentliche Daten zusammenführen, entstehen auch im Arbeitsprozess immer wieder neue Projektideen und Entscheidungsoptionen für die Landwirtschaft.
Welche Chancen eröffnet ARTIFARM für die Landwirtschaftsbranche und für die Region MV/Vorpommern?
Martin Schult: Derzeit legen wir mit dem Projekt z.B. die Grundlage für eine effiziente Wassernutzung, indem wir eine Daten-Speicherverwaltung und Zugangsmöglichkeiten für Nutzer und Forscher etablieren. Für diese effizientere Wassernutzung lassen sich insbesondere Luftaufnahmen und Bodenproben nutzen. Die so gesammelten Daten können wir im Data Lake ablegen und durch noch zu entwickelnde KI-Modelle auswerten, um Landwirten zu empfehlen, an welchen Stellen eine Bewässerung nötig oder eben nicht nötig ist.
In anderen Projekten erforschen wir weitere Anwendungsfälle. Die Ergebnisse dieser beispielgebenden Forschungs- und Entwicklungsarbeit sollen natürlich in der Region und darüber hinaus Anwendung finden. Die damit entstehende Kompetenz in der Landwirtschaft und deren Dienstleistungskette in Vorpommern ermöglicht neue Geschäftsmodelle und Kostenvorteile – also Zukunft für den ländlichen Raum.