Elektrisch fahren – effizient heizen

Motor-Abwärme für die Heizung – das klappt im Elektroauto nicht ohne weiteres. Wie die Füße im Auto trotzdem warm bleiben, haben sich findige Ingenieure im Erzgebirge ausgedacht. Im Rahmen des WIR!-Bündnisses „smartERZ“ wollen sie ihre Idee nun umsetzen.

Flach und effizient: Dieses erste Modell zeigt, wie das spezielle Flächenheizsystem einmal aussehen soll, das sich besonders für elektrische Fahrzeuge eignet.
Flach und effizient: Dieses erste Modell zeigt, wie das spezielle Flächenheizsystem einmal aussehen soll, das sich besonders für elektrische Fahrzeuge eignet. © Köstler GmbH

Es sieht unscheinbar aus, das flache, folienummantelte Stück Textil mit elektrischen Kontakten. Aus diesem Prototyp, der schon durch viele Hände gegangen ist, soll bald ein hoch effizientes Flächenheizsystem für Elektroautos werden. Flächenheizungen gibt es bereits, aber diese ist besonders dünn und glatt, dass sie platzsparend verbaut werden kann, zum Beispiel unter einer Armlehne oder der Abdeckung einer Tür. Auf diese Weise verbraucht die Heizung weniger Energie, um für angenehme Temperaturen zu sorgen. Schließlich soll so viel Batterieleistung wie möglich zum Fahren genutzt werden. Hinzu kommt, dass sich die Ingenieurinnen und Ingenieure für dieses Flächenheizsystem einen speziellen und besonders flexiblen Produktionsprozess ausgedacht haben. „Unsere Projektpartner werden eine Software entwickeln, mit der verschiedene Heizelemente parallel und direkt in unserer Maschine konfiguriert und hergestellt werden können“, sagt Karsten Wille, Vertriebschef der Köstler GmbH im erzgebirgischen Annaberg-Buchholz. Das bedeutet, das System ist so anpassungsfähig, dass sich jeder Kunde seine Heizung individuell konfigurieren kann.

Attraktive Arbeitsplätze statt Abwanderung

In der neuen Maschinenhalle der Köstler GmbH in Annaberg-Buchholz stehen Geschäftsführerin Anke Neubert, Karsten Wille, Maik Neubert und Dennis Lorenz (v. r. n. l.), dort, wo die neue Maschine zur Herstellung der Flächenheizsysteme bald aufgebaut wird.
In der neuen Maschinenhalle der Köstler GmbH in Annaberg-Buchholz stehen Geschäftsführerin Anke Neubert, Karsten Wille, Maik Neubert und Dennis Lorenz (v. r. n. l.), dort, wo die neue Maschine zur Herstellung der Flächenheizsysteme bald aufgebaut wird. © Petra Dahl, PRpetuum GmbH

Eine spannende Idee, die ein kleines mittelständisches Unternehmen allein nicht hätte umsetzen können. Doch dank der Initiative der Wirtschaftsförderung Erzgebirge in Annaberg-Buchholz gehört Köstler zum WIR!-Bündnis smartERZ. Im Projekt „eHeatDigiLine“ will die Firma nun gemeinsam mit dem Textilforschungsinstitut Thüringen Vogtland e.V. und dem Software-Unternehmen FlyActs GmbH ihre Ideen umsetzen. Das Bundesforschungsministerium fördert das Bündnis im Rahmen des Programms „WIR! – Wandel durch Innovation in der Region“. Das Projektteam will die neuartige Flächenheizung möglichst rasch zur Serienreife bringen. „Einige unserer Kunden haben bereits Interesse signalisiert“, sagt die Köstler-Geschäftsführerin Anke Neubert. „Und es gibt schon Überlegungen, kleinere Elektroautos mit diesen Flächenheizungen auszustatten.“ Das traditionsreiche Familienunternehmen liefert schon seit den 1960-er Jahren Teile für die Innenausstattung von Automobilen. Große global agierende Unternehmen gehören heute zu den Auftraggebern. Allerdings war die kleine Firma in Annaberg-Buchholz bisher eher Zulieferer. Nun werden hier auch eigene Produkte entwickelt. Insbesondere mit „eHeatDigiLine“ sind schon jetzt Arbeitsplätze in der Region entstanden, unter anderem der des Projektleiters Maik Neubert. Der Ingenieur freut sich nicht nur über die interessanten Entwicklungsaufgaben, mit denen er betraut ist, sondern auch darüber, dass er nicht mehr zur Arbeit pendeln muss. Er kann viel näher an seinem Wohnort im Erzgebirge arbeiten und so mehr Zeit mit seiner Familie verbringen. „Je mehr gut ausgebildete Leute hier im Erzgebirge bleiben, desto besser wird sich die Region auch insgesamt entwickeln“, sagt Anke Neubert. Und genau das will das WIR!-Bündnis smartERZ erreichen: das Erzgebirge soll durch interessante Jobs attraktiver werden.

Gemeinsam stark

Wenn eHeatDigiLine ein Erfolg wird, könnte das einen solchen Effekt haben. Sollte die Flächenheizung in großem Umfang produziert werden, sind dafür größere Maschinen und regionale Maschinenbau-Unternehmen gefragt. Genauso wie Ingenieurinnen und Ingenieure, die sich mit der Produktion und Entwicklung neuer Produkte beschäftigen. Schließlich finden Flächenheizungen nicht nur in der Automobilindustrie Anwendung. Aber das ist noch Zukunftsmusik, jetzt wird zunächst die Maschine für die Prototypen-Fertigung gebaut. Und es gilt, noch einige Herausforderungen zu meistern: „Die Folien, die wir zum Isolieren der Flächenheizungen nutzen wollten, wird es durch die aktuellen Veränderungen auf dem Markt in absehbarer Zeit nicht mehr geben“, erläutert Karsten Wille. „Wir erproben jetzt, ob und wie andere Materialkombinationen funktionieren.“ Das Team von eHeatDigiLine ist zuversichtlich, mit dem Wissen der Projektpartner gemeinsam Lösungen zu finden. „Das dafür notwendige Knowhow könnten wir allein gar nicht aufbringen“, weiß Anke Neubert. „Der Ansatz von smartERZ, verschiedene Firmen zusammenzubringen, ist wirklich toll.“ Im Erzgebirge scheint das Konzept von WIR! also aufzugehen und in absehbarer Zeit vielleicht auch Früchte zu tragen.

 

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