Kaltes Plasma gegen Coronaviren : Datum:
Forschende im Greifswalder Leibniz-Institut für Plasmaforschung und Technologie e.V. (INP) haben in Laborversuchen gezeigt, dass sie Corona-Viren durch kaltes Plasma unschädlich machen können. Ziel ist es, einen Plasmastift für den medizinischen Bereich zu entwickeln, mit dem sich die Mundhöhle bei Infizierten behandeln lässt.
Das Verbundvorhaben „PlasmaplusCorona – Plasmabasierte Desinfektion des Mund‐ und Nasen‐Rachenraumes zur Senkung der Infektiosität von SARS‐CoV‐2‐infizierten Personen“ unter der Leitung des Plasmamediziners Thomas von Woedtke will die Übertragung der Coronainfektion schon zu Beginn der Krankheit begrenzen. Im Mund- und Rachenraum vermehrt sich das Virus besonders stark. Von hieraus ist auch die Ansteckung durch Husten, Sprechen und Atmen am größten. Kann die Viruslast in diesem Bereich schon reduziert werden, so verringert sich die Ansteckungsgefahr und auch die Ausbreitung des Virus im Körper. Die Wirksamkeit von Plasma gegen multiresistente Keime vor allem auf chronischen Wunden haben die Forschenden am INP bereits nachgewiesen. Die Therapie wird von medizinischem Personal durchgeführt und ist frei von Nebenwirkungen. Im Unterschied dazu gibt es wenige Untersuchungen zur Wirksamkeit gegen Viren.
Forschungsstandort für Plasmamedizin
Die Plasmamedizin ist seit vielen Jahren ein etabliertes Forschungsgebiet am Greifswalder INP. Seit 2008 forschen Physikerinnen und Physiker im Zentrum für Innovationskompetenz „plasmatis“ zusammen mit Ingenieurinnen und Ingenieuren sowie und Medizinerinnen und Medizinern an plasmagestützten Technologien. Erfolge konnten insbesondere bei der Heilung chronischer Wunden gezeigt werden. In Kooperation mit der neoplas tools GmbH, eine Ausgründung des INP, wurde der Plasmastift kINPen® MED entwickelt. Damit wird kaltes Plasma in Form eines kleinen Strahls für Minuten auf die Wunde gebracht. So können Krankheitserreger schmerzfrei abgetötet werden, und die Wunde beginnt bei wiederholter Anwendung nach wenigen Wochen zu heilen. Plasma ist von Natur aus heiß und wird neben fest, flüssig und gasförmig als der 4. Aggregatzustand bezeichnet. Um Kaltes Plasma herzustellen, wird einem Gas, z. B. Argon, soviel Wärme zugeführt, dass kleine Elektronen sich erhitzen. Bei der Herstellung entsteht ein elektrisches Feld, das als ultravioletter Strahl zu sehen ist. Nur dieses atmosphärische kalte Plasma wird in der Medizin angewandt.
Das „PlasmaplusCorona“-Projekt, gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), widmet sich der Frage, ob mit kaltem Plasma auch Viren bekämpft werden können. Das Forschungsteam hat in Laborversuchen in vitro Hepatitis-Viren von Mäusen mit kaltem Plasma behandelt. Dabei kam heraus, dass diese Viren, die zur Gruppe der Corona-Viren gehören, durch das kalte Plasma daran gehindert werden, in Gewebezellen einzudringen. Die Wirkung ist laut INP auf freie Radikale zurückzuführen, die das Plasma bildet. "Die Plasmabehandlung reduzierte die Anzahl der infizierten Bindegewebszellen der Mäuse drastisch, jedoch nicht vollständig. Studien, die die antivirale Aktivität des Plasmas in vivo, beispielsweise bei infizierten Tieren untersuchen, liegen noch nicht vor.
Coronaviren erfolgreich reduziert
„Unser Ziel ist ein Plasmagerät, mit dem sich Viren wie SARS-CoV-2 direkt auf der Mundschleimhaut bekämpfen lassen. Die Laborergebnisse sind ein wichtiger Schritt in diese Richtung, so der Projektleiter Thomas von Woedtke. „Wir konnten den Mechanismus der Inaktivierung der Viren identifizieren. Hieraus lassen sich eine Vielzahl von neuen, innovativen Ansätzen für die Therapie und Prävention von Pandemien und Infektionen im Allgemeinen ableiten“.
Während am INP die physikalischen Verfahren untersucht werden, wird bei den biomedizinischen Partnern des Projektes, dem Forschungszentrum Borstel, dem Leibniz Lungenzentrum und dem Leibniz-Institut für Experimentelle Virologie in Hamburg geprüft, wie das Virus Sars-Cov-2 auf Plasma reagiert.