Roboter ermöglicht Teilhabe an der Arbeitswelt : Datum:

Heinen Automation und das gemeinnützige Sozialunternehmen Lebenshilfe haben im Projekt GALA eine innovative Arbeitshilfe für Menschen mit Beeinträchtigungen entwickelt. Ein kollaborativer Roboter – Cobot – unterstützt beim Etikettieren von Glastiegeln.

Auf dem Bild sind zwei Männer zu sehen. Sie stehen links und rechts um einen Tisch herum. Darauf steht ein kollaborativer Roboter, der Menschen mit Einschränkungen bei der Arbeit behilflich sein soll.
Dr. Thomas Roger, Heinen Automation, und Ralph Wittenmeier, Lebenshilfe Werkstätten Aachen (v. l.), stellen auf der Abschlusskonferenz des Bündnisses GALA den neuen Cobot-Arbeitsplatz vor. © Heinen Automation GmbH & Co.KG

Roboter sind in der Industrie umso nützlicher, je schneller und zuverlässiger sie arbeiten, ohne dass ein Mensch eingreifen muss. Doch für ein Projekt des REGION.innovativ-Bündnisses GALA musste das Ingenieurbüro Heinen Automation umdenken: Statt menschliche Arbeit durch Roboter zu ersetzen, sollte das Büro die Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine erleichtern. Statt Schnelligkeit zählte ein Tempo, das sich an den Fähigkeiten von Menschen mit motorischen und geistigen Beeinträchtigungen orientiert. Keine leichte Aufgabe für die Automatisierungsfachleute aus Monschau bei Aachen, die normalerweise Unternehmen bei der Auswahl, Inbetriebnahme und Programmierung geeigneter Industrieroboter helfen.

Neuer Roboter ermöglicht Einstieg in den Arbeitsmarkt

Dieses Mal war es kein Partner aus der Industrie: Die Lebenshilfe Werkstätten Aachen ermöglichen Menschen mit Beeinträchtigungen die Teilhabe am Arbeitsleben. Ausgangspunkt für die Zusammenarbeit mit Heinen Automation waren Unternehmensanfragen an die Lebenshilfe, ob sie auch Selbstklebe-Etiketten auf Glastiegel aufbringen. Unternehmen mit mehr als 20 Beschäftigten können die Hälfte der Arbeitsleistung von der Ausgleichsabgabe absetzen, wenn sie der Lebenshilfe einen Auftrag erteilen.

„Menschen mit motorischen Beeinträchtigungen können die vorgegebene Position und Ausrichtung der Selbstklebe-Etiketten kaum exakt einhalten. Daher mussten wir entsprechende Anfragen meist ablehnen“, sagt Ralph Wittenmeier. Er ist Mitglied der Geschäftsführung der Lebenshilfe Werkstätten Aachen und hatte die Idee für den Cobot. Der kollaborative Roboter sollte die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Werkstatt beim Bekleben unterstützen.

Die Umsetzung der Idee ermöglichte das Bundesforschungsministerium. Im Rahmen der Programmlinie REGION.innovativ fördert das Ministerium das Bündnis GALA (Gesundheitsregion Aachen: innovativ Lernen und Arbeiten). In dem Bündnis entwickelten Heinen Automation und die Lebenshilfe einen anpassungsfähigen und mobilen Arbeitsplatz, dessen Hauptkomponenten der Cobot und ein Etikettenspender sind.

Sichere Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine

Der Ablauf am mobilen Arbeitsplatz: Ein Mensch mit Beeinträchtigung steckt einen Glastiegel in eine eigens konstruierte, 3D-gedruckte Halterung und dreht ihn mithilfe von zwei optischen Sensoren in eine vorgegebene Position. Dann startet er das Etikettieren durch Drücken einer Taste. Der Cobot nimmt eine Etikette aus dem Spender und klebt sie auf den Tiegel. Das Herausnehmen des beklebten Tiegels aus der Halterung ist dann wieder eine menschliche Aufgabe. „Dieser Prozess kann sowohl von Menschen mit einer geringen als auch einer schweren Beeinträchtigung bedient werden“, erzählt Wittenmeier begeistert.

Die besondere Herausforderung dabei erklärt Dr. Thomas Roger, Experte für Software, Robotik und Bildbearbeitung bei Heinen Automation: „Wir mussten einerseits sicherstellen, dass sich die Arbeitenden nicht am Cobot verletzen. Andererseits wollten wir einfache Bedienung gewährleisten.“ So stoppt der Cobot beispielsweise, wenn jemand zum Tiegel greift und den Strahlengang der Sensoren unterbricht. Genauso hält der Roboter an, wenn eine Person durch ihre Hand geringe äußere Kraft auf das Gerät ausübt. Doch die größte Sicherheitsmaßnahme ist die Geschwindigkeit des Cobots. Denn der Roboter bewegt sich nur langsam und minimal. Die Programmierungsarbeiten von Roger und seinem Team haben also ihr Ziel erreicht: Der Roboter ist sicher und leicht zu bedienen.

Ambitionierte Zukunftspläne

Auf der Abschlusskonferenz des Bündnisses GALA im September 2024 berichteten Wittenmeier und Roger über ihre ambitionierten Zukunftspläne. Gemeinsam wollen sie weitere Cobot-Arbeitsplätze für die 750 Mitarbeitenden der Aachener Lebenshilfe entwickeln. So könnten Cobots in der Holzwerkstatt dabei helfen, Holzkisten für Aachener Süßwarenspezialitäten herzustellen. Das wäre ein wichtiger Schritt, um noch mehr Menschen mit Beeinträchtigungen die Teilhabe am Arbeitsleben zu ermöglichen.

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