Vom Klimakiller zum Klimaretter : Datum:

Bundespräsident Steinmeier überreichte am 27. Oktober 2024 den Deutschen Umweltpreis an Dr. Franziska Tanneberger. Die Leiterin des Greifswald Moor Centrums will gefährdete Moore wiederbeleben. Denn die Ökosysteme sind wahre Klimaretter. Das WIR!-Bündnis Plant³ unterstützt diese wichtige Mission mit mehreren Projekten.

Moore speichern große Mengen CO₂ und schützen dadurch das Klima.
Moore speichern große Mengen CO₂ und schützen dadurch das Klima. © Dr. Wendelin Wichtmann

Moore sind wertvolle Ökosysteme, die nicht nur einen Lebensraum für seltene Pflanzen und Tiere bieten, sondern auch das Klima schützen. Obwohl sie nur 3 % der weltweiten Landfläche bedecken, speichern sie doppelt so viel Kohlenstoff wie alle Wälder der Erde zusammen.

Ungeahnte Kohlenstoff-Speicher

Lange Zeit wurde angenommen, dass die Entwässerung von Mooren notwendig sei, um sie landwirtschaftlich nutzen zu können. So sind mittlerweile über 90 % der Moore in Deutschland durch menschliches Eingreifen trockengelegt – mit verheerenden Konsequenzen. Während intakte Moore enorme Mengen Kohlenstoff speichern, kehrt sich dieser Effekt im entwässerten Zustand um. Die gespeicherten Treibhausgase werden freigesetzt und gelangen in die Atmosphäre. Trockene Moore verursachen etwa 7 % der gesamten Treibhausgasemissionen in Deutschland. Kurz gesagt: Trockene Moore sind Klimakiller, während nasse Moore das Klima retten.

Die Lösung: Wiedervernässung. Dr. Franziska Tanneberger und ihr Team beim Greifswald Moor Centrum wollen entwässerte Moore revitalisieren. Dies stoppt die CO₂-Freisetzung und ermöglicht den Mooren, Kohlenstoff weiterhin zu speichern und zusätzliches CO₂ zu binden.

Keine nutzlose Fläche: Nachhaltige Landwirtschaft auf Mooren

Doch was passiert mit der Landwirtschaft, wenn trockengelegte Moore wieder vernässt werden? Werden die Flächen dann unbrauchbar? Die Projekte des Bündnisses Plant³, an denen auch das Greifswald Moor Centrum beteiligt ist, beweisen das Gegenteil. Landwirtschaft auf wiedervernässten Mooren ist nicht nur möglich, sondern auch deutlich nachhaltiger als herkömmliche Landwirtschaft. Diese land- und forstwirtschaftliche Nutzung nasser Moorstandorte nennt man Paludikultur.

Wasserbüffel können auf wiedervernässten Mooren grasen, ohne das Moor zu zerstören.
Wasserbüffel können auf wiedervernässten Mooren grasen, ohne das Moor zu zerstören. © Dr. Wendelin Wichtmann

Statt Rindern oder Kühen weiden Wasserbüffel auf den Mooren. Die Büffel können auf nassen Flächen stehen und zerstören die Moore nicht. So liefern sie nachhaltiges Fleisch. Denn bei dieser etwas anderen Fleischproduktion nehmen die nassen Moore aktiv Treibhausgase aus der Atmosphäre auf. Aber auch Rohrkolben bieten Potenzial: Die Moorpflanzen wachsen schnell nach, können wirtschaftlich genutzt werden und es wird kein CO₂ freigesetzt. Denn Rohrkolben eignen sich für die Herstellung umweltfreundlicher Baustoffe. So wird im Rahmen eines Plant³-Projektes das erste Gebäude entwickelt, das vollständig aus Rohrkolben-Baustoffen besteht. In einem weiteren Plant³-Projekt wird untersucht, ob Moorpflanzen Erdöl in der Kunststoffproduktion ersetzen können. Dies könnte Plastik nachhaltiger gestalten und gleichzeitig die Moore schützen.

Im Rahmen eines Plant³-Projektes wird ein Prototyp des weltweit ersten Gebäudes entwickelt, das ausschließlich aus Baustoffen aus Rohrkolben besteht.
Im Rahmen eines Plant³-Projektes wird ein Prototyp des weltweit ersten Gebäudes entwickelt, das ausschließlich aus Baustoffen aus Rohrkolben besteht. © Prof. Manfred Lux, Architekt TH OWL

Moorschutz braucht viele Hände

Nur langsam erkennt die Öffentlichkeit, welche zentrale Rolle die Moore beim Klimaschutz spielen. Für Franziska Tanneberger ist der Deutsche Umweltpreis ein wichtiger Schritt, um das Thema ins öffentliche Bewusstsein zu rücken. Sie betont jedoch, dass es nicht bei Auszeichnungen bleiben darf: „Die Herausforderungen, die auf die Moorböden warten, kann niemand allein lösen – selbst mit zehn Umweltpreisen. Es braucht viele Menschen, die sich in der Praxis engagieren.“

Nach der Verleihung des Deutschen Umweltpreises meldeten sich zahlreiche Menschen, die sich nun im Moorschutz engagieren möchten – eine Resonanz, die Franziska Tanneberger in ihrem Einsatz bestärkt.

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