Vom Weihnachtsbaumnetz zum Biomüll
Die Firma meshpack aus Sachsen-Anhalt ist Deutschlands einziger Hersteller von Weihnachtsbaumnetzen – die derzeit aus Kunststoff bestehen. Der Umwelt zuliebe entwickelt das Unternehmen jetzt gemeinsam mit Partnern Netze, die in der Biotonne entsorgt werden dürfen.
Thomas Hartung ist ein Fan der „Sendung mit der Maus“. „Wenn die eine Sachgeschichte darüber machen wollte, wie Weihnachtsbaumnetze hergestellt werden, müsste das Team zwangsläufig zu uns kommen“, sagt der Inhaber der meshpack netting solutions GmbH. Das mittelständische Unternehmen im altmärkischen Klötze in Sachsen-Anhalt ist Deutschlands einziger Hersteller von Netzverpackungen für Weihnachtsbäume. Nicht nur in Deutschland, sondern auch im Ausland ist man an den „Verpackungen“ für Weihnachtsbäume interessiert. Die gesamten Aufträge werden stets im Sommer abgearbeitet – jährlich produziert das Unternehmen etwa 110 Millionen Meter Netz.
„Jeder Weihnachtsbaum wird zweimal verpackt. Zum ersten Mal nach dem Schlagen. Ohne Netze wäre die Masse an Weihnachtsbäumen gar nicht transportabel. Beim Verkäufer wird der Baum vor den Kunden zur Ansicht ausgepackt und dann erneut durch die Netztrommel geschoben,“ erläutert Thomas Hartung. Neben der sehr großen Menge an dadurch entstehenden Kunststoffabfällen, verursacht die Weihnachtsbaum-Verkaufssaison eine zusätzliche Umweltverschmutzung. Hartung: „Jedes Mal rieselt Mikroplastik aus den Kunststoffnetzen, dringt in Boden und Grundwasser ein.“ Das Netz aus chemischem Kunststoff will meshpack deshalb durch eines ersetzen, das in der Biotonne entsorgt werden kann. Für innovative Ideen wie diese wurde das Unternehmen mit dem „Vorsprung“-Preis 2023 des Ostdeutschen Wirtschaftsforums ausgezeichnet.
Netze aus nachwachsenden Rohstoffen
Um sich einen Vorsprung auf dem Zukunftsmarkt der Bio-Verpackungen zu sichern, wurde meshpack Partner im WIR!-Bündnis „BioZ – Biobasierte Innovation aus Zeitz und Mitteldeutschland“, das vom Bundesforschungsministerium gefördert wird. „Wir wollen ein ganz neues Netz-Material auf Basis nachwachsender Rohstoffe aus der Region entwickeln“, sagt Christian Förster, Produktmanager bei meshpack. „In die Biotonne darf nur ein Netz, das sich gleich den Apfel- und Kartoffelschalen innerhalb von vier Wochen biologisch abbaut. Es muss aber als Weihnachtsbaumnetz die gleichen Verbrauchseigenschaften wie unsere Kunststoffnetze aufweisen. Das ist eine große Herausforderung. Denn Kunststoffe aus nachwachsenden Rohstoffen reißen schnell und lassen sich darum schlecht zu Fäden für die Netze verarbeiten“, erklärt Förster. „In unserem Projekt ,BioZ-Wachse‘ werden wir dem Material Bio-Wachse als Zusatzstoffe beimischen, um die gewünschte Festigkeit zu erzielen.“
Engländer mögen rote – und Italiener grüne Netze
Unterstützung für das um mehr Nachhaltigkeit bemühte Vorhaben kommt u.a. vom Fraunhofer-Institut für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS in Halle (Saale). Patrick Hirsch forscht hier an biologisch abbaubaren Kunststoffen. „Ein möglicher Zusatzstoff zum Beimischen ist Bio-Wachs aus Melasse. Das ist ein Nebenprodukt der Zuckergewinnung“, erläutert Hirsch. Auch andere Bio-Wachse aus landwirtschaftlichen Reststoffen testet der Wissenschaftler mit seinem Team. Zwei Jahre läuft das Innovationsprojekt „BioZ-Wachse“ noch.
Zum BioZ-Bündnis gehören auch die DEUREX AG aus Elsteraue und die NIG Nahrungs- und Ingenieurtechnik GmbH aus Magdeburg. DEUREX bringt Kompetenzen zu biologisch abbaubaren Wachsen ein, während NIG aus Reststoffen der Lebensmittelproduktion biologisch abbaubare Farben für Faserstoffe herstellt. „Die Farbe ist ein wichtiges Kriterium“, betont Christian Förster. „Weihnachtsbaumnetze für Abnehmer in Deutschland sind traditionell weiß. Aber Engländer mögen rote und die Italiener grüne.“
Falls „Die Sendung mit der Maus“ nach Klötze kommt, kann sie sich sogar die Produktion von Netzen in Maus-Orange ansehen – diese sind dann allerdings für Zwiebelsäcke.