Wandel durch Wasserstoff : Datum:
Vier Jahre hat ein Team des WIR!-Bündnisses „h2-well“ daran gearbeitet. Jetzt wird ein Teil des Stroms und der Wärme des Rathauses im thüringischen Sonneberg mit Wasserstoff erzeugt. In Jena zeigt eine Ausstellung, welches Potenzial noch in dem energiereichen Gas steckt.
Es knallt und die mit Wasserstoff betankte Mini-Rakete, die Philipp Protte per Knopfdruck startet, fliegt für einen kurzen Moment in die Höhe. Ein Raunen geht durch die Menge der im Raum Anwesenden. Protte gehört zum Jenaer Science Center Imaginata, das im Rahmen des Bündnisses „h2-well“ eine Ausstellung zum Thema Wasserstoff konzipiert hat. Zur Eröffnung im Jenaer StadtLab demonstriert der Physiker dem staunenden Publikum, welche Energie in Wasserstoff steckt, wie man ihn produzieren und auch zum Speichern von Energie nutzen kann.
Die bilderreiche Ausstellung hat der Produktdesigner Matthias Richter gestaltet. Passend zum Thema nutzte er dafür nachhaltige Materialien wie recycelbaren Karton und heimisches Eschenholz. Von der Jenaer Innenstadt wird die mobile Ausstellung ins Imaginata-Haus ziehen, und im April 2024 ist sie auf einer Veranstaltung von „h2-well“ in Apolda zu sehen.
Sonneberg zeigt, was geht
Auch im tiefsten Süden Thüringens kann man mehr über die Potenziale von Wasserstoff erfahren. Heiko Voigt, Bürgermeister von Sonneberg, hat im Rathaus der Stadt den „Infopoint Wasserstoff“ eröffnet. Hier demonstriert „h2-well“ wie sich Wasserstoff besonders effizient gewinnen und direkt vor Ort nutzen lässt. Im Innenhof des Rathauses steht ein Elektrolyseur, der Wasser mithilfe von Strom in Wasserstoff und Sauerstoff aufspaltet. Der an den Elektrolyseur angeschlossene schadstofffreie Kreislaufmotor wandelt Wasserstoff und Sauerstoff dann in Strom und Wärme fürs Rathaus um. Dabei wird auch die Abwärme, die bei der Elektrolyse entsteht, genutzt.
„Dieses einzigartige Konzept sorgt dafür, dass wir die grüne Energie, die wir im Idealfall einsetzen, sehr effizient nutzen, fast ohne Wirkungsgrad-Verluste“, erläutert Matthias Böhm, Geschäftsführer der KYROS Hydrogen Solutions GmbH. Die im Nachbarort ansässige Firma ist einer der „h2-well“-Unternehmenspartner und hat den Elektrolyseur entwickelt. Der Kreislaufmotor kommt vom Dessauer Forschungsunternehmen WTZ Roßlau. Er zeigt, dass Verbrennungsmotoren auch ohne Schadstoffausstoß sinnvoll einsetzbar sind.
Wasserstofftechnologien als Zukunftschance
Zunächst beheizt die Sonneberger Wasserstoffanlage nur das Rathaus-Archiv zu Demonstrations- und Erprobungszwecken. Denkbar sind jedoch viel größere Dimensionen wie zum Beispiel die Wärmeversorgung ganzer Wohnquartiere. „Wenn man mehrere Haushalte an ein Wasserstoff-Wärmenetz anschließen würde, wäre das schon bei unter 20 Haushalten eine sehr effiziente und wirtschaftliche Lösung“, sagt Matthias Böhm. „Wir haben das bereits in Projektskizzen für potenzielle Kunden gezeigt.“
Damit es zukünftig genügend Fachkräfte geben wird, um vielversprechende Wasserstoffprojekte umzusetzen, ist auch die Staatliche Berufsbildende Schule Sonneberg (SBBS) am „h2-well“-Bündnis beteiligt. Dort gibt es nun Aus- und Weiterbildungsmodule zum Thema Wasserstoff für Elektroniker:innen und Mechatroniker:innen. Das Interesse des Nachwuchses ist groß, wie sich am „Infopoint Wasserstoff“ im Sonneberger Rathaus zeigt. Mit viel Enthusiasmus führen Abiturientinnen und Abiturienten des Beruflichen Gymnasiums der SBBS Live-Experimente mit Wasserstoff vor. Das soll schon bei den Jüngsten Neugier wecken. Schließlich will sich die Region um Sonneberg zu einem Wasserstoffzentrum mit gut ausgebildeten Fachleuten und neuen Unternehmen entwickeln. Eine 90 Hektar große Fläche vor den Toren der Stadt bietet dafür viel Platz und jede Menge Möglichkeiten.