Gigantische Druckmaschine geht in Betrieb : Datum:

Es scheint, als stünden die Leute auf einem Bahnsteig und warteten, dass sich die Türen des Zuges öffnen. Was aussieht wie aneinander gereihte Bahnwaggons ist eine zwölf Meter lange Druckmaschine. Mit ihrer Inbetriebnahme startet der Aufbau eines GRAVOmer-Kompetenzzentrums.

Eine zwölf Meter lange Beschichtungsanlage mit acht einzelnen Modulen steht in der Druckerhalle der HTWK Leipzig. Mit ihr beginnt der Aufbau des GRAVOmer-Kompetenzzentrums.
Eine zwölf Meter lange Beschichtungsanlage mit acht einzelnen Modulen steht in der Druckerhalle der HTWK Leipzig. Mit ihr beginnt der Aufbau des GRAVOmer-Kompetenzzentrums. © Kathrain Graubaum, PRpetuum

An der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur HTWK in Leipzig hat sich ein Ungetüm eingerichtet: Die gigantische, zwölf Meter lange Beschichtungsanlage mit acht Modulen wurde von der 3D Micromac AG aus Chemnitz bereitgestellt und ging kürzlich in Betrieb. „Die Druckmaschine ist das Herz unseres GRAVOmer-Kompetenzzentrums, das wir aufbauen“, sagt Arend Riegel, Manager des GRAVOmer-Netzwerkes. Das Netzwerk koordiniert in Mitteldeutschland die Forschung und Entwicklung von mikrostrukturierten, intelligenten Oberflächen-Funktionen und wird innerhalb des Programms „WIR! – Wandel durch Innovation in der Region“ vom Bundesforschungsministerium gefördert.

Seit Anbeginn gehört die HTWK zum GRAVOmer-Bündnis. Die Hochschule bietet u.a. den Masterstudiengang Druck- und Verpackungstechnik an. „Unser Hochschul-Institut for Printing, Processing an Packing ist ein Kern-Partner von GRAVOmer“, betont iP3-Institutsleiter Lutz Engisch und spricht die neuen Forschungsfelder für die Druckindustrie an. Dabei ginge es vor allem um intelligente Eigenschaften von Oberflächen und die Erprobung neuer Druckmaterialien unter den Maßgaben von Nachhaltigkeit, Ressourcenschonung und Recycelbarkeit.

Tests und Pilotproduktionen

Die Druckmaschine, Herzstück des GRAVOmer-Kompetenzzentrums, soll eine Experimentierbühne für neue Druck- und Beschichtungsprozesse sein. Die Anlage kann mehrere unterschiedliche Druckverfahren miteinander kombinieren. Dafür sind einzelne Module mit den Druckwerken für Flexodruck, Schlitzdüsendruck, Siebdruck, Tintenstrahldruck und Laminierungsfunktion ausgestattet. Die Module sind separat zugänglich und können variabel zusammengestellt werden, so dass unterschiedliche Versuchsszenarien hinsichtlich der Beschichtung und Strukturierung der Oberflächen von Papier, Folien und dünnem Glas möglich sind. Die Materialien durchlaufen die Stationen im Rolle-zu-Rolle-Verfahren. Das bedeutet: Im ersten Modul wird die Rolle eingespannt, dann durchläuft die Bahn die vorgesehenen Bearbeitungsstationen und wird im letzten Modul wieder aufgewickelt.

„Die Partner aus der Forschung werden an dieser Maschine beispielweise das Verhalten von neuen Bahnmaterialien, Druckfarben und Lacken wissenschaftlich untersuchen. Die Partner aus der Wirtschaft können an der Anlage Pilotproduktionen realisieren“, sagt GRAVOmer-Manager Arend Riegel.

Im Rolle-zu-Rolle-Verfahren durchlaufen die Bahnen aus Papier, Folie oder dünnem Glas die einzelnen Module.
Im Rolle-zu-Rolle-Verfahren durchlaufen die Bahnen aus Papier, Folie oder dünnem Glas die einzelnen Module. © Kathrain Graubaum, PRpetuum

Viele Ideen aus der Praxis

Zwei noch leere Module bieten Freiräume für das Experimentieren mit neuen Ideen. Anregungen von den Partnern kommen schon: etwa eine Pool-Folie, deren Oberflächeneigenschaft den Einsatz von Chlor im Wasser erübrigt. Oder intelligente Lebensmittelverpackungsmaterialien, die ihr Aussehen verändern, wenn der Inhalt nicht mehr genießbar ist oder wenn eine Kühlkette zu lange unterbrochen wurde. Die Medizintechnik interessiert sich für mikrofluidische Materialien. Die haben feinste Flüssigkeit- oder Gas-leitende Kanäle auf ihrer Oberfläche. Solche Kanäle auf Karton geprägt würden eine preisgünstige Variante eines schnellen Bluttestes ermöglichen, der  Notfallsanitätern gleich vor Ort Informationen über den Zustand von Patienten gibt.

„Die Anlage wird unseren Partnern helfen, sich neue Märkte zu erschließen“, sagt Arend Riegel. Lutz Engisch von der HTWK ergänzt, dass hier künftig auch Aus- und Weiterbildungen zu Themen auf dem Gebiet funktionaler Oberflächen angeboten werden.

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