Grenzenloses Denken für smarte Anwendungen

Wie können intelligente Materialien Menschen unterstützen? Das multidisziplinäre Konsortium smart³ hat die Nutzungsmöglichkeiten dieser besonderen Werkstoffe erforscht – für die Industrie, die Medizin, aber auch für den Alltag. Eine Bilanz, zehn Jahre nach der Gründung des Konsortiums.

Schloss Albrechtsberg
Auf Schloss Albrechtsberg in Dresden trafen sich Mitglieder des Konsortiums smart3 anlässlich des 10-jährigen Gründungsjubiläums zum Austausch über Zukunftsperspektiven. © Sascha Linke

Medizinische Implantate, die flexibel und gleichzeitig besonders haltbar sind, Verschattungen für Fenster, die eigenständig auf die Wärme der Sonnenstrahlen reagieren, Matratzen und Kissen, die Liegepositionen beeinflussen oder Sensoren, die in Fahrradrahmen automatisch vor Materialermüdung warnen – die Liste der Entwicklungen von smart³ ist lang. Doch die größte Errungenschaft des Konsortiums ist die gelebte interdisziplinäre Zusammenarbeit, die solche Entwicklungen erst ermöglicht hat. Ingenieureinnen und Ingenieuren sowie Werkstoffwissenschaftlerinnen und Werkstoffwissenschaftler aber auch Designerinnen und Designer und Unternehmerinnen und Unternehmen haben trotz unterschiedlicher Denkweisen eine gemeinsame Ebene gefunden, auf deren Grundlage sie völlig neue Ideen finden konnten. Eine Errungenschaft, die smart³ anlässlich seines 10-jährigen Bestehens im Dresdner Schloss Albrechtsberg gefeiert hat. Auch wenn die Förderung von smart³ durch das Bundesforschungsministerium im Rahmen des Programms „Zwanzig20“ nun zu Ende gegangen ist, wird das Konsortium seine Arbeit fortsetzen. Das wurde auf der Jubiläumsveranstaltung „Zukunftsimpulse 2022+“ in Dresden deutlich. Schon bei der Gründung vor zehn Jahren hat smart³ erkannt, wie wichtig die Verknüpfung von technischem und künstlerischem Denken ist. „Die Kunst kann helfen, Produkte zu entwickeln, die nicht nur ästhetischer sind, sondern auch eher akzeptiert werden, weil sie menschliche Bedürfnisse berücksichtigen“, sagt Sylvie Weidlich, die Presseverantwortliche des Konsortiums. „So kommen technische Innovationen besser zur praktischen Anwendung.“ Erst wenn die Faszination für smarte Materialien über die Ingenieurs-Ebene hinausgeht, wenn Designer und Unternehmer das Potenzial für Produkte erkennen, ist der Weg in die Anwendung also geebnet.

Bei smart³ stehen die Zeichen dafür gut, denn das Konsortium hat neben Designern der Burg Giebichenstein Halle und der Kunsthochschule Berlin-Weißensee fast 100 Unternehmen an Bord. Darunter 85 mittelständische Firmen wie das Bochumer Start-Up „Ingpuls GmbH“. 2009 als Spin-Off aus der Ruhr-Universität Bochum von drei Studienfreunden gegründet, agiert es mittlerweile international und hat diverse Preise gewonnen. Ingpuls gehörte zu den drei Finalisten des Deutschen Innovationspreises 2021. Das Unternehmen produziert Formgedächtnislegierungen aus Nickel und Titan, die besonders rein und dadurch haltbarer sind. Solchen Legierungen kann man eine Form beibringen, an die sie sich erinnern und zu der sie bei bestimmten Temperaturen zurückkehren. Deshalb eignet sich das Material perfekt für medizinische Anwendungen wie Stents. Die winzigen Helfer gelangen durch minimalinvasive Eingriffe an ihren Bestimmungsort. Durch die Körpertemperatur kommen sie in die gewünschte Form. Die Stents öffnen sich und halten die Gefäße durchlässig. Auf der Zukunftsimpulse 2022+ sind die erfolgreichen Bochumer von smart³ mit dem „Rising Star“-Award ausgezeichnet worden.

smart³ NeuesWagen
Der NeuesWagen durfte auf Schloss Albrechtsberg nicht fehlen. In der mobilen smart3-Ausstellung können Besucher intelligente Materialien anschauen, anfassen und ausprobieren. © Sascha Linke

Neben den Formgedächtnislegierungen gibt es noch viele andere smarte Materialien, für die das Konsortium künftig Anwendungen entwickeln will. Dazu gehören zum Beispiel Piezo-Keramiken. Sie sind nach dem altgriechischen Wort „piezo“ benannt, das „drücken“ bedeutet. Durch die Verformung entsteht in dem keramischen Material eine elektrische Spannung, die zum Beispiel für die Funktion als Sensor geeignet ist. Um die verschiedenen Wirkungen und Nutzungsmöglichkeiten intelligenter Materialien bekannter zu machen, sucht smart³ immer den Kontakt zur Öffentlichkeit. Mit interaktiven und mobilen Ausstellungen wie dem „NeuesWagen“, die intelligente Materialien im wahrsten Wortsinn greifbar machen, sollen auch Schüler und Studenten angesprochen werden. Nachwuchs ist dem Konsortium sehr wichtig, denn die interdisziplinären Partner wollen intelligente Werkstoffe auch in Zukunft erforschen und stärker in die Anwendung bringen. „Nachhaltige und ressourcenschonende Werkstoffe wie programmierbare Materialien sind so relevant wie nie“, sagt der ehemalige Vorstandsvorsitzende von smart³, Welf-Guntram Drossel in Dresden. Und deren Potenzial ist noch längst nicht ausgeschöpft.

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