Film meets IT

Eine digitale Werft in Babelsberg bringt den „Film 4.0“ zum Laufen. Bewegtbilder können künftig weitaus mehr, als Geschichten zu erzählen.

Holger Lehmann öffnet die Tür zu seinem „Arbeitszimmer“, einem Kinosaal der besonderen Art: Ledersofa, Schalensessel, Mischpulte und Monitore sind hier die Hingucker – wenn nicht gerade ein Film läuft, dann nämlich richtet sich alle Aufmerksamkeit auf die Bewegtbilder. Bei der Rotor Film GmbH in Babelsberg hängen „In den Gängen“, um von einem der Titel zu sprechen, Plakate von Filmen, die hier in der Postproduktion Gestalt bekamen. „Charité“, „Deutschland 86“, „Iceman“, „Der gleiche Himmel“, „Gundermann“, „Iron Sky“ ... wurden von Rotor Film geschnitten, in Bild und Ton bearbeitet. „Die letzten 30 Tage etwa sind die Produzenten und Regisseure mit an Bord“, sagt Geschäftsführer Lehmann in Richtung Sitzecke deutend. Platz-, Schnitt-, Ton- und Bildmeister sind an den Pulten. „Film meets IT; das ist bei uns gelebter Alltag“, begründet der Diplomtonmeister, warum er sich mit seiner Firma seit 2007 erfolgreich am Markt behauptet. Europaweit als erste arbeitete die Rotor Film GmbH mit 3D-Akustik und Ultra HD-Technik.

Bilder von Filmplakaten rotor Film GmbH
Filmerfolge wie diese waren bei der Rotor Film GmbH in der Postproduktion. © PRpetuum GmbH

Digitale Vermarktung

„Die Filmindustrie ist auf weiten Strecken oldschool“, sagt Holger Lehmann. Um trotz des rückläufigen Kinomarktes „gesehen“ zu werden, um international wettbewerbsfähig zu sein, müsse die Branche „den Film 4.0 denken“. Soll heißen: Der Film wird zum Bestandteil des „Internets der Dinge“. Lehmann erklärt das am Beispiel der US-amerikanischen Filmkomödie „Der Teufel trägt Prada“. Zuschauer stellen Fragen ins Netz wie diese: „Weiß zufällig jemand, was für Schuhe (Marke, Modell) das waren, die ganz am Anfang gezeigt wurden?“ Lehmanns Vision: beim Filmgucken die Schuhe auf dem Touchscreen berühren, und schon hat man die Antwort. Auf diese Weise, so Lehmann, könne die Filmindustrie attraktiv werden für andere Wirtschaftszweige, nicht nur für die Bekleidungsindustrie, auch für den Tourismus, für die Automobilhersteller, für die Gesundheitswirtschaft. Möglich werde der Film 4.0 unter anderem durch die Anreicherung mit entsprechenden Metadaten. In den nächsten Jahren werde sich das Geschäftsfeld der Postproduktion um die Aufbereitung der Metadaten für Dritt- und Viertverwerter erweitern, so die Prognose von Holger Lehmann.

Holger Lehmann ist Geschäftsführer der Rotor Film GmbH.
Holger Lehmann ist Geschäftsführer der Rotor Film GmbH. © PRpetuum GmbH

Leistungsfähige Datenbank

Auf der vom Bundesforschungsministerium geförderten digitalen Werft „dwerft2“ wird daran gearbeitet, dass alle Metadaten für die automatische Nutzung durch Mediatheken, Streaming-Dienste, TV-Programm-Guides und Archive hochwertig aufbereitet bereitstehen. Als Bündnispartner von „dwerft2“ weiß Lehmann um die große Chance, Forschung und Entwicklung zu betreiben, für die sein mittelständisches Unternehmen allein keine Kapazitäten hätte. Die dwerft2 knüpft inhaltlich an das Vorgängerprojekt „dwerft – linked film & tv services“ an, deren Ergebnis die „Linked Media Data Cloud“ ist. In der LPDC werden alle in der Produktion anfallenden Metadaten miteinander vernetzt und so strukturiert abgelegt, dass sie Nutzer ohne großen Aufwand finden und abrufen können. Auf der dwerft2 gehe es jetzt um die praktische Anwendung der Kerntechnologie, sagt der Rotor Film-Geschäftsführer. Anwendungsorientiert arbeitet er in dem Themenschwerpunkt, in dem es um ein Metadaten-Management für die Post-Produktion geht. Es soll aus objekt- und prozessorientierten Tools bestehen, die die Metadaten automatisch zusammenstellen, modifizieren und analysieren und für verschiedene Anwender in der Produktion, Distribution oder im Marketing nutzbar machen.