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Hochfeste Faserseile erobern stählerne Domänen

Es ist so weit: Die Ingenieure der InnoProfile-Transfer-Initiative „Technische Textilien - Textile Maschinenelemente“ an der Technischen Universität Chemnitz betreiben erstmals einen Aufzug mit Seilen aus textilen Fasern. Damit beweisen sie auch in der Praxis, dass Zugfestigkeit und Sicherheit keineswegs allein vom Stahlseil abhängen. Doch das ist längst nicht die einzige Neuigkeit, die auf dem gut besuchten 6. Fachkolloquium InnoZug in Chemnitz zur Sprache kam.  

Auch im Bergbau sollen die Chemnitzer Seile demnächst frischen Wind in die über hundert Jahre alte Fördertechnik bringen. Mit leichten und verschleißfesten Faserseilen könnten die Förderkapazitäten in einem Bergwerk enorm erhöht werden. Gleichzeitig würde der Instandhaltungsaufwand stark reduziert werden. Schließlich ist es viel aufwändiger, ein tonnenschweres Stahlseil auszuwechseln als ein leichtes textiles. Momentan kommt es dadurch zu Förderausfällen von bis zu einer Million Euro.

Textil statt Stahl: InnoZug hat den ersten Aufzug mit hochfesten Faserseilen im laufenden Betrieb getestet, jetzt steht die TÜV-Zulassung bevor (Foto: Thorsten Heinze, TU Chemnitz).  
Textil statt Stahl: InnoZug hat den ersten Aufzug mit hochfesten Faserseilen im laufenden Betrieb getestet, jetzt steht die TÜV-Zulassung bevor .   © Thorsten Heinze, TU Chemnitz

Außerdem soll die Störanfälligkeit von Fördereinrichtungen im Bergbau mit Faserseilen verringert werden. Selbst in Getrieben von Maschinen könnten textile Elemente genutzt werden und beispielsweise Ketten ersetzen.



Daran arbeiten die Chemnitzer Maschinenbauer in einem gemeinsamen Projekt mit der TU Bergakademie Freiberg während der nächsten zwei Jahre. Im Freiberger Forschungsbergwerk „Reiche Zeche“ laufen bereits erste Tests.


 

Abnutzung sehen und hören

Bevor die hochfesten Faserseile den rauen Bedingungen des Bergwerks ausgesetzt werden, erproben die Ingenieure sie im Technikum der TU Chemnitz. Am wichtigsten ist es, Verschleiß so früh wie möglich zu erkennen.

Dafür nutzen die Chemnitzer sogar Computertomographie und Schallmessungen. An der Akustik des Seiles sind Beschädigungen zu hören. Damit lassen sich Aussagen über den aktuellen Zustand des Seiles treffen. Außerdem untersuchen die Wissenschaftler auf einem speziellen Prüfstand im Freien erstmals auch die Witterungsbeständigkeit der Seile.



Um die passenden Seile für verschiedene Einsatzmöglichkeiten herstellen zu können, haben Prof. Dr. Markus Michael und sein Team jetzt sogar eine eigene Fertigungsanlage aufgebaut. Zusätzlich können sie die Seile mit einer neu erstandenen Ummantelungsmaschine im Bedarfsfall auch beschichten. Dazu werden die Seile durch einen so genannten Extruder gezogen und mit den gewünschten Beschichtungen versehen.


 

Fit für die Praxis

Damit sie ihr Wissen und ihre Fähigkeiten auch an den Nachwuchs weitergeben können, haben Markus Michael und seine Kollegen den Masterstudiengang „Textile Strukturen und Technologien“ etabliert, für den sich bereits viele Studenten angemeldet haben.

Hochfeste Faserseile haben Zukunft, daran besteht in Chemnitz kein Zweifel. Doch bevor sie beispielsweise in Aufzügen und Seilbahnen Stahlseile ersetzen, müssen ihre mechanischen Eigenschaften noch weiter getestet werden. Der mit Faserseilen betriebene Personenaufzug, der seit einem Jahr im Dauertest läuft, ist ein viel versprechender Anfang. Er fährt ruhig und sicher – das muss nur noch der TÜV bestätigen, bei dem das Zulassungsverfahren läuft.


Nähere Informationen zur InnoProfile-Transfer-Stiftungsprofessur „Technische Textilien - Textile Maschinenelemente“ finden Sie hier. Hier stellen wir Ihnen Informationen zum InnoProfile-Transfer-Verbundprojekt „Lastspitzen-Kompensation“ zur Verfügung.