Tradition trifft Moderne – Musikinstrumentenbau im Wandel

Wie schafft eine jahrhundertalte Traditionsbranche den Sprung ins Zeitalter der Digitalisierung? In einem virtuellen Meeting hat das WIR!-Bündnis „iMaTech“ Konzepte diskutiert, die den Wandel einer ganzen Region unterstützen sollen.

Einscannen eines Musikinstruments
Mithilfe von 3D-Modellen untersuchen die Vogtländer heimische Holzarten, um damit Tropenhölzer beim Musikinstrumentenbau ersetzen zu können. © IfM – Institut für Musikinstrumentenbau e.V.

Lutz Klingbeil hat mit Musikinstrumentenbau eigentlich nichts zu tun. Der Softwarespezialist kennt sich aber mit digitaler Produktentwicklung aus. Virtuell entwirft er neue Maschinen im Auftrag großer Industrieunternehmen – eine effiziente Arbeitsweise die sich im Zuge der Digitalisierung auch auf andere Branchen übertragen lässt. Dazu ermuntert er in seinem virtuellen Vortrag auch Unternehmen des Musikinstrumentenbaus. Aber wie sieht es momentan in der Praxis aus? Wie setzen Unternehmen im Vogtland die Digitalisierung um? Damit hat sich Uta Kirschten, Professorin für Personalmanagement an der Westsächsischen Hochschule Zwickau beschäftigt. Die Hochschule ist einer der Bündnispartner von „iMaTech“. Gefördert wir das Bündnis aus dem Programm „WIR! – Wandel durch Innovationen in der Region“ vom Bundesforschungsministerium BMBF. Kirschten untersucht regionale Unternehmen verschiedener Branchen, von der Gießerei bis zum Musikinstrumentenbau. In ersten Befragungen hat sie erfahren, dass mit der Digitalisierung zwar die Attraktivität der Betriebe steigt, der Fachkräftemangel jedoch nach wie vor ein großes Problem darstellt.

Imageschub dringend gebraucht

Zu diesem Ergebnis kommt auch die Marketingspezialistin Jessica Melzer, ebenfalls von der Westsächsischen Hochschule Zwickau. Im Rahmen einer iMaTech-Studie befragte sie regionale Musikinstrumentenbauer und deren Zulieferer. Die Ergebnisse haben gezeigt, dass die Nachwuchsprobleme einerseits mit dem gesamtgesellschaftlichen Wandel zu tun haben, andererseits aber auch mit einem Mangel an Kommunikation. Junge Menschen erfahren zu wenig über die Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeiten in der Region, die Unternehmen des Musikinstrumentenbaus und deren Zulieferer bieten. Melzer hält es für notwendig, das Renommee des Berufs aufzupolieren und die Anforderungen an Fachkräfte sowie die Inhalte der Ausbildung besser zu kommunizieren. Und auch die Region selbst braucht einen Schub fürs Image, wie die Studie zeigt. Die Meinungen der Teilnehmer reichten von „Tote Region“ bis hin zu „Wir haben hier etwas Einmaliges und keiner weiß es“. Vorteile, wie die schöne Natur, der günstige Wohnraum und die gute Kinderbetreuung, würden zu wenig kommuniziert, so Jessica Melzer. Kirschten ergänzt, dass regionale Betriebe für hohe Qualitätsprodukte stehen, die bekannter werden und ihren Preis haben sollten. Dann könnten gute Fachkräften durch attraktivere Gehälter besser gebunden werden.

Kompetenz im Vogtland zeigen

Um junge Menschen zur Ausbildung ins Vogtland zu holen, Fachkräfte zu halten und die Region attraktiver zu machen, will das WIR!-Bündnis langfristig ein Kompetenzzentrum Musikinstrumentenbau im Vogtland errichten. Dort sollen Forschung und Entwicklung für den Musikinstrumentenbau sowie umfangreiche Ausbildungs- und Qualifizierungsangebote etabliert werden. Auch aktuelle Projekte will iMaTech in dem künftigen Kompetenzzentrum fortsetzen. Dazu gehört die Erforschung neuer Hölzer und Metalle für den Musikinstrumentenbau, um traditionelle Materialien wie Tropenhölzer, Zink und Blei zu ersetzen, die umfangreichen Restriktionen unterliegen. Mit der Unterstützung neuer starker Partner wie der Musikinstrumenten-Handwerker-Genossenschaft und dem Musikinstrumentenmuseum in Markneukirchen sowie dem vogtländischen Traditionsunternehmen GEWA music GmbH will das WIR!-Bündnis in den kommenden Jahren nun an der Umsetzung der Ideen arbeiten.

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