Verborgene Schätze heben

Im Vogtland stehen einzigartige Baudenkmäler leer, verfallen. Wie können Kulturgüter mit neuen Technologien saniert und besser genutzt werden? Welche Chancen bietet das den Menschen in der Region? „Kulturlebensraum Vogtland“ geht diesen Fragen nach.

Über 300.000 Menschen leben im Vogtland, das sich über Sachsen, Thüringen und Franken bis nach Böhmen erstreckt. Mit der Schließung großer regionaler Industriebetriebe nach 1990 sind auch viele Fabrikgebäude verlassen worden. Inzwischen ist die wirtschaftliche Lage stabil, im sächsischen Vogtland liegt die aktuelle Arbeitslosenquote bei nur viereinhalb Prozent. Doch viele alte Fabriken stehen noch immer leer, auch für Burgen und Kirchen sind belebende Ideen gefragt. Ein Bündnis aus Ingenieuren und Denkmalschützern, Architekten, Kulturverbänden und Kommunen hat sich nun zum Ziel gesetzt, Industriedenkmälern und anderen Kulturgütern im Vogtland neues Leben einzuhauchen. Sie wollen innovative Bautechnologien zur Sanierung und Erhaltung mit kreativen Nutzungskonzepten kombinieren.

Kloster Mildenfurth
Langfristig erhalten: Das Kloster Mildenfurth in Thüringen braucht Erneuerung. Alternative, kostengünstige Sanierungsmethoden und neue Nutzungskonzepte sind hier gefragt. © Constanze Roth, INNOVENT e.V.

Tradition trifft Moderne

Ihr Ziel ist es, dafür regionale Kompetenzen zu nutzen, wie beispielsweise die Jahrhunderte alte Textiltradition. Mit neuen textilen Technologien könnten schützenswerte Bauwerke kostensparend renoviert oder umgebaut werden. Einer der Bündnispartner, das Thüringer Textilforschungsinstitut in Greiz, hat das notwendige Knowhow dafür. Ihre Konzepte wollen die Wissenschaftler mit ortsansässigen Unternehmen umsetzen. Die wirtschaftliche Struktur ist besonders gut dafür geeignet, denn die kleinen, mittelständischen Betriebe können Materialien individuell anfertigen. Momentan ist das WIR!-Bündnis dabei, die GREIKA-Werke bei Greiz wiederzubeleben. Die ehemalige Tuchfärberei ist ein imposantes Industriedenkmal aus den 1920er-Jahren, das seit wenigen Jahren saniert ist und noch viel Raum für interdisziplinäre Netzwerke aus Forschung und Bildung bietet.

ehemalige Seidenfabrik in Gera
Raum für Ideen: Die ehemalige Seidenfabrik in Gera gehört zur klassischen Industriearchitektur der 1920er-Jahre. Sie wurde aufwändig saniert und steht seit 2016 leer © Constanze Roth, INNOVENT e.V.

Neue Perspektiven eröffnet auch die Verbindung von Digitalisierung und Denkmalschutz. Informatiker der Bauhaus-Universität Weimar haben Technologien entwickelt, mit denen sie ganze Bauwerke digital scannen und in 3D detailliert betrachten können, um mögliche Schäden zu erkennen. Weitere Vorteile sind die kostengünstige Planung von Sanierungs- und Restaurierungsvorhaben sowie eine gemeinsame Dokumentationsplattform in 3D.

Mitmachen gefragt

Seine Ziele kann das WIR!-Bündnis jedoch nur verwirklichen, wenn die Menschen vor Ort mit ins Boot kommen. Um das zu erreichen, haben Designer des WIR!-Teams Plakatkampagnen und Flyer entwickelt. Mit Slogans wie „Tot oder lebendig? Entscheiden Sie.“ wollen sie zum Mitmachen aufrufen. Gemeinsame Workshops in der Region sollen Annäherung bringen. Die Akteure des Bündnisses wollen herausfinden, wie sich traditionelles Denken mit dem Strukturwandel vereinbaren lässt und welche Zukunftsperspektiven daraus entstehen können. Langfristig soll das Vogtland zur Kompetenzregion werden für innovative Erhaltungs- und Nutzungskonzepte zum baukulturellen Erbe.