Wasserstoff und Trockenmörtel

Vom intelligenten Bauen bis zur Energieversorgung von morgen: Im südlichsten Winkel Thüringens entwickelt KUMATEC innovative Ideen in Serie – und passt perfekt ins Bild einer aufstrebenden Region.

Joachim Löffler vor dem Elektrolyseur
KUMATEC-Geschäftsführer Joachim Löffler arbeitet immer öfter mit Partnern außerhalb Südthüringens zusammen. Gemeinsam entwickeln sie unter anderem den Druckelektrolyseur (im Hintergrund) für eine Wasserstofftankstelle. © BMBF/Unternehmen Region/Thilo Schoch

Mit dem Wort „Grenzüberschreitung“ braucht man Joachim Löffler gar nicht erst zu kommen. „Es gibt keine Grenze mehr!“, echauffiert sich der 57-jährige Ingenieur in breitem Oberfränkisch – der in Südthüringen vorherrschenden Mundart. 1991 gründete Löffler seine KUMATEC GmbH im ehemaligen Sperrgebiet. Nur wenige Hundert Meter trennen das kleine Industriegebiet in Neuhaus-Schierschnitz heute von den bayerischen Nachbarn. „Nach der Wende haben wir uns in den Trabant gesetzt, sind zur IHK nach Bayreuth gefahren und haben gesagt: Wir kommen aus dem Osten und wir wollen Kontakt zu Unternehmen hier in der Region haben“, erinnert sich Löffler an die Anfänge der Zusammenarbeit. Ein Unternehmen im Landkreis Bayreuth war sofort überzeugt: „Die haben gesagt: Ihr plaudert wie wir – ihr kriegt jetzt einen Auftrag!“, erzählt Löffler. Und fügt schmunzelnd hinzu: „Wir haben ihnen aber auch einen guten Preis gemacht.“

Seitdem hat sich KUMATEC vom kunststoffverarbeitenden Sechs-Mann-Betrieb zu einem hochinnovativen Mittelständler mit 75 Mitarbeitern entwickelt. Das Produktportfolio liest sich fast wie das eines Konzerns: Sensorgehäuse und Getriebesensoren für die Automobilindustrie, Schrumpfschläuche, Solarmodulstecker, Glasfaser-Anschlussdosen. Hinzu kommen Entwicklungsvorhaben und der Sondermaschinenbau für unterschiedlichste Kunden und teilweise mit Partnern – und beide Gruppen sitzen immer öfter außerhalb Südthüringens.

Sauerstoff, Wärme, Druck

Im vom Bundesforschungsministerium geförderten „Zwanzig20“-Konsortium „HYPOS“ entwickelt KUMATEC unter anderem mit dem Maschinenbauer SERA aus dem hessischen Immenhausen eine Wasserstofftankstelle. Im vergangenen Dezember hat Löffler das erste Brennstoffzellenfahrzeug in ganz Thüringen zugelassen. Mitte des Jahres 2016 will er den Hyundaierstmals mit Wasserstoff aus seiner eigenen Tankstelle füttern. Derzeit testen er und seine Kollegen den hauseigenen Elektrolyseur, der den Wasserstoff zur Verfügung stellt, im Dauerbetrieb. Geht es nach Joachim Löffler, soll die Tankeinheit das erste große KUMATEC-Endprodukt werden: „Gerade bei Flottenverbrauchern sehen wir eine Chance für unsere Vertankungseinheit, vor allem weil wir auch die anderen entstehenden Wertstoffe – Sauerstoff, Wärme und Druck – nutzen können.“

Prozesse wie in der Automobilindustrie

Schon heute eine Erfolgsgeschichte ist die Zusammenarbeit mit der Franken MAXIT Gruppe. Der Baustoffhersteller im oberfränkischen Kasendorf vertreibt seit dem Frühjahr 2015 sogenannte Mörtelpads: Die vorgefertigten Platten bestehen aus einem Glasfasergewebe, einem wasserlöslichen Kleber und getrocknetem Mörtel. Auf Mauersteine oder Ziegel gelegt und mit Wasser besprüht bilden die Pads automatisch eine gleichmäßige Fuge: sicherer, einfacher und schneller als mit herkömmlicher Mörtelmasse. Die revolutionäre MAXIT-Technologie hatte allerdings einen Geburtsfehler: Sie galt als nicht automatisierbar und daher für die industrielle Fertigung ungeeignet – bis KUMATEC kam. Nach zwei Jahren Entwicklungs- und Bauzeit presst, backt, verpackt und stapelt nun eine KUMATEC-Anlage vollautomatisch Mörtelpads nach MAXIT-Rezept. „Wir haben einen verketteten Fertigungsprozess samt Qualitätssicherung wie in der Automobilindustrie installiert“, freut sich Joachim Löffler. Im nächsten Schritt soll KUMATEC die Anlage in Kasendorf nun auf die fünffache Kapazität aufrüsten.

Dieser Beitrag ist Teil des Regionenporträts von Südthüringen, das im "Unternehmen Region"-Magazin 1/2016 erschienen ist. Lesen Sie den gesamten Beitrag.