Verzögerung war gestern

Ohne spürbare Verzögerung im Internet surfen und mobil kommunizieren, sicherer im Auto unterwegs sein und in der Industrie effizienter produzieren. Das sind nicht nur hoffnungsvolle Aussichten, sondern Ergebnisse des Zwanzig20-Konsortiums „fast“, das jetzt in Dresden seinen Abschluss zelebrierte.

Alexander Carot, Leiter des Projekts fast-music, spielt live und virtuell mit anderen Musikern. Das Erstaunliche: Bild und Ton haben nur maximal 10 Millisekunden Verzögerung.
Alexander Carot, Leiter des Projekts fast-music, spielt live und virtuell mit anderen Musikern. Das Erstaunliche: Bild und Ton haben nur maximal 10 Millisekunden Verzögerung. © PRpetuum GmbH, Petra Dahl
Alexander Carot, Leiter des Projekts fast-music, spielt live und virtuell mit anderen Musikern. Das Erstaunliche: Bild und Ton haben nur maximal 10 Millisekunden Verzögerung.
Alexander Carot, Leiter des Projekts fast-music, spielt live und virtuell mit anderen Musikern. Das Erstaunliche: Bild und Ton haben nur maximal 10 Millisekunden Verzögerung. © PRpetuum GmbH, Petra Dahl

„Business fett durch Echtzeit-Internet“ – so lautet die verheißungsvolle Botschaft eines Songs der Dresdner PartyProfs, deren Bandleader Frank Ellinger auch einer der beiden Koordinatoren des fast-Konsortiums ist. Gemeinsam mit dem Vizekoordinator Gerhard Fettweis und insgesamt 85 Partnern hat der musikalische Professor mit einem Lehrstuhl für Schaltungstechnik und Netzwerktheorie an der Technischen Universität Dresden diese Vision Wirklichkeit werden lassen. Im feierlich erleuchteten großen Hörsaal der Dresdner Uni verkündet Ellinger, was fast in den letzten knapp zehn Jahren alles geschafft hat: Die Verzögerungszeit im Mobilfunk von 30 auf eine Millisekunde verringert, eine Synchronisation von Elektromotoren mit einer Genauigkeit von 0,5 Nanosekunden erreicht, mobile Cloudspeicher mit nur einer Millisekunde Verzögerung entwickelt – zuvor waren es 100 Millisekunden – und zur Gründung von insgesamt sechs Start-ups beigetragen. Auch die Menge an produzierten Forschungsergebnissen ist beeindruckend. Es sind nur die Highlights, die Frank Ellinger den mehr als 200 Gästen voller Stolz präsentiert, unter ihnen viele Konsortialpartner aus Forschung und Industrie, wie Dirk Droste von Bosch Sensortec.

Positive Effekte für die Region und darüber hinaus

Für das global agierende Unternehmen bot das Konsortium eine gute Möglichkeit, um „mit exzellenten Partnern riskante und ambitionierte Forschung durchzuführen“, so Droste. Aber die Ausstrahlungseffekte von fast reichen noch weiter: „Unser interdisziplinäres Netzwerk war ein Argument dafür, dass Bosch hier in Dresden eine neue Produktionsstätte gebaut hat“, sagt Frank Ellinger. Die Chipfabrik wurde letztes Jahr eröffnet, dort sollen langfristig 700 neue Jobs entstehen.

Deutlich spürbar waren die Effekte der Zusammenarbeit mit fast auch für das mittelständische Unternehmen eesy-ic GmbH aus Erlangen. „Wir konnten Mitarbeiter einstellen und unsere Laborausstattung ausbauen, mit Forschungseinrichtungen und Studenten zusammenarbeiten und ein tolles Netzwerk aufbauen“, sagt Frank Ohnhäuser, technischer Direktor von eesy-ic. „So haben wir unseren Umsatz seit 2016 um das Zweieinhalbfache gesteigert.“

Verzögerungsfrei in die Praxis

Dass die Forschung von fast großes Potenzial hat, zeigen die sechs Ausgründungen. Eine davon, das Unternehmen CampusGenius GmbH, ist schon jetzt eine Erfolgsgeschichte. Das Start-up arbeitet an der Steuerung und Regelung von cyber-physischen Systemen in Echtzeit, also ohne Verzögerungen. Ein cyber-physisches System ist ein Verbund softwaretechnischer Komponenten mit mechanischen und elektronischen Teilen, die über das Internet kommunizieren. Anwendung finden solche Systeme zum Beispiel in der Automatisierung der Industrieproduktion, bei der autonomen Steuerung von Transportfahrzeugen in der Logistik oder in der Fernsteuerung von Baumaschinen. CampusGenius hat zwei Jahre nach der Gründung bereits acht Kunden, 12 Mitarbeitende und in diesem Jahr einen Umsatz von zwei Millionen Euro erwirtschaftet.

Musikalischer Abschluss mit guten Aussichten

Zum krönenden Abschluss der fast-Party in Dresden heizen die PartyProfs ein. Sie spielen altbekannte Stücke und ein zukunftsweisendes neues: den Klima-Song.
Zum krönenden Abschluss der fast-Party in Dresden heizen die PartyProfs ein. Sie spielen altbekannte Stücke und ein zukunftsweisendes neues: den Klima-Song. © PRpetuum GmbH, Petra Dahl

Fettes Business ist aber längst nicht alles. Auch Künstler profitieren von der Arbeit des Konsortiums. Im Projekt fast music haben die Forschenden ein ganzes Orchester über das Internet beinahe in Echtzeit miteinander spielen lassen. Maximal 20 Millisekunden verzögert waren Bild und Ton. Das hat selbst Star-Musiker Jamie Cullum begeistert, der die neue Technologie bei einem Casting von jungen Musikerinnen und Musikern 2019 in London nutzte. Der Leiter des fast-music-Projekts, Alexander Carot von der Hochschule Anhalt, zeigte auf der Abschlussparty in Dresden bei einer Live-Internet-Session mit Musikern, wie gut das System funktioniert. Der krönende Abschluss der Feier war dann aber nicht virtuell, sondern analog: der Auftritt der Party-Profs. In ihrem neuen Klima-Song geht es um die Bedeutung regenerativer Energien und energieeffizienter Elektronik. Mit genau diesen Themen will sich das fast-Konsortium, aufbauend auf seinen Ergebnissen, in künftigen Projekten beschäftigen. „fast ist wie ein Baum, den wir gepflanzt haben“, sagt Ellinger, „ein Baum, der sehr viele Zweige hat, die sich auch in Zukunft wunderbar weiterentwickeln werden.“

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