Brennstoffzellen statt Auspuffanlagen : Datum:

Brennstoffzellen-Stacks liefern Wasserstoff-Fahrzeugen die nötige Energie. Doch die Produktion dieser Brennstoffzellen-Stapel ist aufwändig und teuer. Franziska Lehmann und Markus Michael von der Chemnitzer Texulting GmbH erklären, wie das RUBIN-Bündnis „DuSwaP“ das ändern will.

Explosionszeichnung eines Brennstoffzellen-Stacks
Ein Brennstoffzellen-Stack besteht aus übereinander gestapelten Bipolarplatten, dazwischen chemisch beschichtete Folien und Spannplatten oben und unten zum Verschluss des Stacks © Fraunhofer IWU Chemnitz

Wie werden Brennstoffzellen-Stacks für wasserstoffbetriebene Fahrzeuge momentan hergestellt?

Franziska Lehmann: Ein Brennstoffzellen-Stack, also ein solcher Stapel, besteht aus mehreren Schichten. Jede einzelne Brennstoffzelle besteht aus zwei Bipolar-Platten und einer chemisch beschichteten Folie dazwischen. Die Bipolarplatten sind sehr dünne Bleche und die Folie sorgt dafür, dass Sauerstoff und Wasserstoff miteinander reagieren können. Momentan übernehmen Roboter die Herstellung der Stacks. Sie nehmen jedes Teil einzeln – also abwechselnd eine Bipolarplatte und eine Folie – und stapeln es übereinander. Das kann pro Stack eine halbe Stunde und länger dauern.

Wie viele Brennstoffzellen sind für einen PKW notwendig?

Franziska Lehmann: Um auf eine durchschnittliche Leistung von 100 Kilowattstunden zu kommen, wie bei einem PKW mit Verbrennungsmotor, braucht man 400 Brennstoffzellen. Deshalb bestehen die Stacks, die momentan produziert werden, aus 400 Brennstoffzellen. In der aktuellen Automobilproduktion, zum Beispiel im VW-Werk hier in der Region, werden allerdings 1.500 Fahrzeuge pro Tag ausgeliefert. Wenn die Herstellung eines von insgesamt 1.500 notwendigen Brennstoffzellen-Stacks eine halbe Stunde dauert, ist das zeitlich und wirtschaftlich nicht realisierbar. Aus diesem Grund müssen wir den Prozess beschleunigen.

Wie wollen Sie das schaffen?

Franziska Lehmann: Wir wollen die Roboter durch ein Fließverfahren ablösen.

Markus Michael: Da ist der Link zur Textilindustrie, die schon immer im Fließverfahren und von Rolle-zu-Rolle arbeitet. Wir haben als Konsortialführer Erfahrung damit und überlegen uns nun, ob wir Verfahren aus der Textilindustrie für die Brennstoffzellen-Stack-Herstellung übernehmen können. Es geht dabei um Automatisierung, aber auch um Sicherheit und Qualität. Denn momentan kann man als Nutzer davon ausgehen, dass jeder Diesel- oder Benzinmotor funktioniert, der ausgeliefert wird. Das wollen wir auch bei den Brennstoffzellen erreichen, die müssen zu 100 Prozent funktionsfähig sein. Da darf es keinen Ausfall geben.

Welche konkreten Lösungsansätze haben Sie?

Franziska Lehmann: Der Name „DuSwaP“ steht für ein duales Stacking-Konzept und wasserstoffarme Prüfung. Momentan ist es so, dass zuerst 400 Brennstoffzellen übereinander gestapelt und dann erst geprüft werden. Das heißt, wenn eine dieser Zellen nicht funktioniert, kann man alles wegwerfen, weil man das nicht mehr korrigieren oder reparieren kann. Unser Ansatz ist, dass wir nur 10 Brennstoffzellen zu einem Mini-Stack übereinander stapeln und diese dann prüfen. Bisher wird diese Prüfung mit Wasserstoff durchgeführt. Das ist jedoch sehr aufwändig, weil es hohe Sicherheitsmaßnahmen erfordert und lange dauert. Wir haben stattdessen einen neuen Ansatz: wir wollen die Stacks elektrisch prüfen. Dadurch wird das Verfahren günstiger, schneller und einfacher.

Biopolarplatte
Ein solches Blech ist wesentlicher Bestandteil eines Brennstoffzellenstacks. Die Bipolarplatte ermöglicht die elektrische Verbindung zwischen den Brennstoffzellen © Fraunhofer IWU Chemnitz

Neben neuen Herstellungskonzepten geht es Ihnen auch um die nachhaltigere Nutzung der Brennstoffzellen-Stacks. Wie lassen sich Brennstoffzellen reparieren oder wiederverwenden?

Franziska Lehmann: Das ist zum einen durch die Verwendung der Mini-Stacks möglich. Die Zehnerpakete von Brennstoffzellen, die wir planen, lassen sich austauschen und reparieren. Das geht mit einem einzelnen Stack, der aus 400 Brennstoffzellen besteht, nicht. Unsere Idee ist, die Demontage und Reparatur automatisiert, also mithilfe von Robotern, zu realisieren. Wenn irgendetwas kaputt sein sollte, brauchen wir nur ein paar Mini-Stacks austauschen und der Antrieb ist wieder funktionsfähig. Außerdem könnten man einen Brennstoffzellen-Stapel, der nicht mehr die 100-prozentige Leistung bringt, auch anderweitig einsetzen, wo weniger Leistung gefragt ist – zum Beispiel statt in einem LKW in einem PKW. An die Reparatur und Demontage denken wir schon beim Design der Brennstoffzellen-Stacks. So müssen zum Beispiel die Schrauben so gestaltet sein, dass sie leicht zu entfernen sind. Außerdem überlegen wir uns, wie wir die Materialien dieser Stacks zur Wiederverwertung trennen können oder einheitliche Materialien nutzen, um sie gar nicht erst trennen zu müssen.

Warum wollen Sie Ihre Ideen ausgerechnet in der Region zwischen Chemnitz und Dresden umsetzen?

Markus Michael: Wir haben in dieser Region große Kompetenzen im Maschinenbau und in der Fertigungstechnik, aber auch einen starken Wandel. Traditionelle Automobilbauer müssen sich nach neuen Konzepten umschauen. Es werden nicht mehr so viele Auspuffanlagen produziert werden, wie das früher mal war in Sachsen, weil das niemand mehr braucht. Deshalb wollen die traditionellen Branchen neue Absatzmärkte erobern.

Welche Partner konnten Sie bisher für das Bündnis gewinnen?

Franziska Lehmann: Aktuell haben wir 15 Bündnispartner. Neben dem Chemnitzer Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU, sind schon 14 mittelständische Unternehmen aus Sachsen dabei. Dazu gehören unter anderem die XENON Automatisierungstechnik GmbH aus Dresden, die Sitec Industrietechnologie GmbH aus Chemnitz und Firmen aus den Bereichen Simulation, Messtechnik und Robotik. Im Rahmen der Umsetzung unseres gemeinsamen Konzepts sorgen wir als Konsortialführer dafür, dass alle Fachleute aus den unterschiedlichen Branchen zusammenkommen und miteinander reden.

Was ist Ihre gemeinsame Vision?

Markus Michael: Vorausgesetzt wir kommen in die Umsetzungsphase, streben wir die Marktfähigkeit unserer Konzepte für 2028 an. Bis dahin wollen wir eine Pilotproduktion etablieren, die Brennstoffzellen-Stacks einwandfrei produziert. Wir hätten dann hier in Sachsen eine komplette Wertschöpfungskette und könnten die Stacks auf dem Weltmarkt anbieten. Deren ökonomisch sinnvolle Produktion ist eine wesentliche Voraussetzung dafür.

Franziska Lehmann: Ganz konkret heißt das: Ein Stack, der aus 400 Brennstoffzellen besteht, kostet momentan zwischen 30.000-50.000 Euro. Das ist viel zu viel. Um die Produktion wirtschaftlich zu machen, müssten wir auf Kosten von 5.000-8.000 Euro kommen. Mit unseren Konzepten wäre das möglich.

Weitere Informationen