Die IT-Pionierin : Datum:

Frauke Weichhardt hat schon die Anfänge des modernen Kommunikationszeitalters mitgestaltet. Heute entwickelt sie digitale Programme, die komplexe Geschäftsprozesse managen und führt ihre Kunden in eine nutzerfreundliche IT-Welt ein.

Frauke Weichhardt
Frauke Weichhardt kommuniziert die innovativen IT-Technologien nutzerfreundlich © PRpetuum GmbH

Haben die Trickfilmhelden Fred Feuerstein und Barney Geröllheimer einen Laptop erfunden, um sich ihr steinzeitliches Höhlenleben zu erleichtern? Wenn Frauke Weichhardt schmunzelnd von der „Steinzeit der IT-Entwicklung“ spricht, dann provoziert sie diese Assoziation. Doch ganz so lange ist sie dann doch nicht her, die Steinzeit der Informationstechnologien. Anfang der 1990er Jahre promovierte die studierte Wirtschaftsingenieurin an der Technischen Universität (TU) Berlin im Fachbereich Informatik. Frauke Weichhardt bezahlte für ihren ersten Laptop horrendes Geld. Doch das war es ihr wert. Die wissenschaftliche Mitarbeiterin an der TU und Mutter zweier Kinder wollte ortsunabhängig agieren können.

30 Jahre später gehört Homeoffice zum beruflichen Alltag; die Wirtschaft profitiert von den Entwicklungen, die IT-Pioniere und Pionierinnen wie Frauke Weichhardt auf den Weg gebracht haben. Seit ihrer Doktorarbeit beschäftigt sich die heute 58-Jährige damit, wie die Zusammenarbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eines Unternehmens besser, sprich elektronisch gemanagt werden könne. „Die Automobilbranche“, sagt Frauke Weichhardt, „gehörte in den 1990er-Jahren zu den ersten, die die modernen Informationstechnologien einsetzten, um ihre immer komplexer werdenden Prozesse von der Herstellung bis zu Marketing und Vertrieb zu überschauen und zu beherrschen.“ Doch auch drei Jahrzehnte später erscheint vielen Nutzerinnen und Nutzern die Welt der Informationstechnologien noch immer schwer verständlich.

Vorreiter auf digitalen Informationswegen

In den Unternehmen generiertes Wissen wachse seitdem dynamisch zu wertvollem Kapital heran, das müsse abrufbar aber sicher in der Firma verwahrt bleiben, sagt die IT-Expertin. Im 21. Jahrhundert angekommen ist dieses Wissen ein Mix aus Text-, Bild-, Audio- und Video-Dateien. Das verlangt nach einem Informationsmanagement auf höherer Stufe. Wer sich auf diesem Feld der Forschung und Entwicklung bewege, finde früher oder später zu QURATOR, so die Erfahrung von Frauke Weichhardt. Ihr Unternehmen ist Partner innerhalb des vom Bundesforschungsministerium geförderten Konsortiums QURATOR. Dessen Name ist abgeleitet von „Curation Technologies“. Der Begriff des digitalen Kuratierens ist relativ neu in der IT-Branche und steht für das Suchen, Auswählen, Zuordnen, Zusammenfassen, Bewerten und Verknüpfen von digitalen Informationen u.a. unter Verwendung von künstlicher Intelligenz (KI).

Wenn es um das Verknüpfen von Dateien aus dem Internet geht, zählten Frauke Weichhardt und ihr Geschäftspartner Christian Fillies auch schon zu den Vorreitern. Vor über 20 Jahren nahmen sie an einem Microsoft-Wettbewerb teil und gewannen den 2. Preis mit einem Word-Text, in dem Begriffe mit ihrer Bedeutung hinterlegt sind. Beim Anklicken öffnete sich ein Fenster mit der Erklärung. Heute eine selbstverständliche Anwendung, war sie damals ein hohes Preisgeld wert, von dem die beiden 2001 ihr eigenes Unternehmen gründeten. Dessen Name haben sie abgeleitet vom Begriff der Semantik, also Bedeutung. „Semtation“ ist ein Microsoft-Partner und entwickelt die eigene Wissensplattform SemTalk nebst dazugehörigen Navigationswerkzeugen.

Ideenfindung auf kaiserlichem Postweg

Frauke Weichhardt und Geschäftspartner Christian Filies
Frauke Weichhardt und ihr Geschäftspartner Christian Fillies stehen am Tor zur Lindenallee, die auf das Neue Palais zuführt. Im Hintergrund das einstige Kaiserliche Telegraphenamt, in dem sich der Semtation-Firmensitz befindet © PRpetuum GmbH

Wer den Sitz der Semtation GmbH in der Potsdamer Geschwister-Scholl-Straße 38 in eine Suchmaschine eingibt, erfährt Erstaunliches. 1911 erbaut, ließ Kaiser Wilhelm II. hier „Deutschlands Telegraphenstation Nummer 1“ errichten und mit modernster Technik ausstatten. Das hätten sie nicht gewusst, als hier Büroräume zu mieten waren, sagen die beiden Semtation-Gründer. Zunächst sei für sie die unmittelbare Nähe zum Park Sanssouci gleich auf der anderen Straßenseite sehr attraktiv gewesen. Wenn sie ihren Gedanken freien Lauf lassen, dann vorzugsweise hier auf der Lindenallee. Diese war einst der direkte Postkutschen-Weg zwischen dem Neuen Palais und Kaiserlichen Postamt – immer durch das aufwändig gestaltete Posttor hindurch. Das Tor war ein Exponat auf der Weltausstellung 1893 in Chicago und wurde anschließend von Kaiser Wilhelm II. gekauft. Auch von ihrem Schreibtisch aus kann Frauke Weichhardt ihre Gedanken durch das Tor wandern und sich inspirieren lassen. Wenn es einen Genius Loci, einen Geist des Ortes gibt, dann hier.

Vermittlerin zwischen IT-Technik und deren Nutzern

Wo der Kaiser einst seine Telegramme in die Welt schickte, werden jetzt wegweisende Kommunikationstechnologien des 21. Jahrhunderts entwickelt. Innerhalb des QURATOR-Bündnisses ist Semtation an der Entwicklung einer Plattform für mehr Informationstransparenz in Krisenzeiten beteiligt. KI-Werkzeuge recherchieren und überprüfen beispielsweise Corona-bezogene Informationen und stellen sie entsprechend der Suchangaben der Nutzer zusammen. Beispielsweise bekommen Unternehmen mit Geschäftsbeziehungen im Ausland von der Plattform Informationen über aktuelle Einschränkungen.

Auch beim Management kaum mehr überschaubarer Arbeitsabläufe in Unternehmen kann Semtation helfen. Frauke Weichhardt führt viele Kundengespräche, um sich einen Überblick zu verschaffen, wie die komplexen geschäftlichen Prozesse technisch gestaltet werden können. Für die Abwicklung von Projekten beispielsweise hat Semtation eine Art elektronische Blaupause modelliert. Diese unterstützt das Aufsetzen eines Projekt-Teams, ordnet den Team-Mitgliedern bestimmte Rollen und Aufgaben zu und versorgt sie mit den für sie relevanten Informationen. Ein wachsendes Einsatzgebiet sieht die Expertin in der Umwandlung von analogen zu digitalen Formularen, damit sie für Web-Anwendungen tauglich sind. „Beratung gehört zu unserer Dienstleistung“, betont Frauke Weichhardt und dass sie nach wie vor gern in die Rolle der Vermittlerin zwischen der Technik und ihren Nutzerinnen und Nutzern schlüpft. Und tatsächlich: Wer sich mit ihr unterhält, fühlt sich mitgenommen in eine verständliche IT-Welt.

Weitere Informationen